Wie real ist die Wirklichkeit?
Wie wirklich ist die Realität?
von Univ. Lektor Prof. Mag. Dr.
Walter Weiss, Philosoph in Wien–Klosterneuburg
Die
Naturwissenschaft hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Welt zu erklären. Unter
„erklären“ verstehen wir Nachaufgeklärten dabei einen Gedankengang, den wir als
kausal, schlüssig und logisch widerspruchsfrei empfinden. Entspricht eine uns
gegebene Erklärung diesen Denkkategorien – auch Paradigmata genannt –, neigen
wir dazu, sie zu akzeptieren. Wir fügen sie unserem Weltbild hinzu und haben es
damit – über unser neu gewonnenes Wissen – auch erweitert. Dann sind wir
überzeugt, daß sich die Sache (im weitesten Sinn: die Welt) tatsächlich (!) so
verhält, wie wir es eben zu akzeptieren gelernt haben. Entspricht eine Theorie
nicht unserem Verständnis, lehnen wir sie ab. Wann verstehen wir aber etwas?
Und: Verhält sich die Welt wirklich so, wie sie uns erklärt wird?
Man kann unüberprüftes Dafürhalten
auch „naiven Realismus“ nennen: Wir halten die Welt für so beschaffen, wie wir
sie wahrnehmen bzw. wie wir – aufgrund der von uns akzeptierten Erklärungen – gelernt
haben, sie für wahr zu halten. Bei solchem – in der Regel autoritär
vermittelten – Angelernten und daraus resultierendem meist unkritischen
Verhalten wird von uns allerdings jede Menge Unüberprüftes stillschweigend
vorausgesetzt und für wahr gehalten – oder zumindest als
selbstverständlich angenommen. So z. B. fragen nur wenige, wie die Welt
eigentlich aussieht bzw. aussähe, wenn niemand auf sie schaute, die Welt (das
sogenannte Objektive) also von keinem Subjekt betrachtet würde[1]
… Auch was ein Subjekt zu einem Subjekt macht, wird nicht gerne hinterfragt –
und ob eine nicht angeschaute Welt überhaupt vorstellbar[2]
ist, schon gar nicht.
Wenige – außer grübelnde
Philosophen – haben sich jemals gefragt, wie das nun eigentlich ist mit dieser
unserer Welt, die doch – scheint ´s – nur Resultat einer von uns unbewußt
vorgenommenen Trennung ist: in das von uns Angeschaute – und in uns als sie
Anschauende. Mit unserem Akt des Hinschauens („Schau! Eine schöne Frau!“)
empfinden wir uns vom Angeschauten stets getrennt. Ich bin da – und dort
ist die Welt. Zwar wissen wir, daß wir zur Welt dazugehören – aber die
grundsätzliche Subjekt-Objekt-Trennung bestimmt unser ganzes Handeln und
Denken.
Obwohl wir wissen (sollten), daß
wir Teil dieser Welt sind, machen wir sie uns sogar untertan, beuten sie aus,
nutzen bzw. benützen sie und folgen dabei dem – angeblichen – Auftrag „Gottes“:
„Erfüllt die Erde und macht sie euch untertan!“ (Gen. 1, 28)[3]
Während die Trennung Gottes von der Welt religiöses Dogma ist, besteht unser
Geschieden-Sein von ihr „nur“ aufgrund unserer „Subjekt-Objekt-Trennung“.[4]
Wir schauen die Welt also quasi
„von außen“ an.[5] Wie
sieht die Welt aber aus, wenn wir nicht hinsehen? Was ist die Welt ohne (unser)
Bewußtsein? Ist sie überhaupt?
Dazu das alte Vexierrätsel:
Macht ein Baum, der umstürzt, Krach, wenn niemand dabei ist, der zuhört? Dazu
würde jeder Physiker sagen: Splitternde Äste erzeugen mindestens soundso viele
Dezibel; und dann würde man darüber streiten, wieviele Dezibel als Krach
einzustufen wären; und irgendein Mäuslein oder Käfer wird schon dabei gewesen
sein; außerdem hätte man ja auch einen Kassettenrekorder laufen lassen können
usw. Wie immer man es aber auch drehen mag: Bewußtsein ist immer schon
vorausgesetzt …
Die erste Frage ist ja schon
semantisch widersprüchlich: Aussehen kann etwas nur, wenn es angesehen wird.
Nicht-Angeschautes schaut weder aus, noch her, noch hin. Nicht-Angeschautes
existiert für unser Verständnis (= für unsere Welt!) gar nicht.[6]
Nur was wir wissen, ergibt unsere Welt – alles, was wir nicht wissen, ist für
uns nicht-existent.
Wie ist das mit einer Welt, die
nicht gewußt wird? Existiert sie? Wenn ja: für wen? Und wie? Wenn nein: für wen
nicht? Überhaupt nicht?
Nach Immanuel Kant (1724–1804) ist
das von ihm so genannte Ding an sich unerkennbar: Wann immer wir etwas
ansehen (= wahrnehmen), spielt schon unsere Erfahrung mit – und die ist sowohl
Folge unserer Art des Denkens als auch der Weise, wie unsere Sinne das
Wahrgenommene rezipieren. Etwas, das wir nicht schon kennen, erkennen
wir gar nicht. Wir nehmen es zwar sinnlich wahr, wissen aber nicht (sofort),
was es ist, egal welchen Sinnesreiz wir empfinden: einen uns unbekannten Ton
oder ein uns nicht einordenbares Geräusch, eine überraschende Tastempfindung,
die wir nicht einordnen können, ein uns unbekanntes Objekt, von dem wir nicht
wissen, was es ist oder das uns – aufgrund seiner Ähnlichkeit mit etwas
Bekanntem – täuscht (Mimikry etwa) …
Außerdem können wir ohnedies nur
dasjenige sinnlich erfassen, was innerhalb unserer Sinnenfenster liegt: Wir
hören nur bestimmte Frequenzen (mit individuellen Unterschieden von 16 bis etwa
20 000 Herz; je älter jemand ist, desto geringer wird der zweite Wert), wir
erkennen etwas nur ab einer bestimmte Bildabfolge als bewegt (mindestens
16 Bilder pro Sekunde), was uns zu einem Moment von 1/16 Sekunde bringt; wir
sehen überhaupt nur ein äußerst beschränktes Spektrum aus dem weiten Bereich
der elektromagnetischen Wellen, nämlich Wellenlängen von 390 (violett) bis 760
(rot) Millimikrometer (milliardstel Meter), und nennen das „Licht“; wir nehmen
nur Unterschiedliches wahr, also etwas, das sich von seinem Hintergrund (egal
jetzt, ob optisch, haptisch, akustisch, geschmacklich usw.) abhebt, also einen
Kontrast zum sogenannten „Ankerreiz“ ergibt; und – das Wichtigste von allem:
Wir erkennen nur, wenn wir vergleichen – egal jetzt ob lokal (= örtlich,
räumlich) oder als Abfolge (= zeitlich).
Beides setzt einen Speicher voraus und ein Programm, das die Daten koordiniert
und zueinander in – sinnvolle – Beziehung setzt; wir nennen das Gedächtnis und
(Selbst-)Bewußtsein.
Überdies können wir nur
Vereinzeltes, sich von anderem Unterscheidendes wahrnehmen – egal, wie wir
diese Differenz zu anderem auch erleben: sei es als einzelner Ton, als von uns
als zusammengehörig empfundene Tonfolge (= Melodie), seien es örtlich oder
zeitlich unterschiedene einzelne (!) haptische Reize, seien es deutlich
unterschiedene optische Eindrücke. Ein Pilot im Nebel (in einer Wolke) und ein
Taucher in nach allen Richtungen hin gleichgetöntem Wasser können sich (ohne
technische Hilfsmittel oder Tricks) nicht orientieren; ein nicht weit genug
geöffneter Stechzirkel verunmöglicht es dem Probanden festzustellen, ob ihn der
Experimentator mit nur einer oder mit zwei Zirkelspitzen – z. B. am Rücken –
„sticht“. Die Schmerzpunkte liegen dort so weit auseinander (ca. 10 cm), daß
bei einer Zirkelöffnung von nur 8 cm die beiden Einstiche als singulär
empfunden werden …
Wie sinnvoll ist es daher zu
fragen, wie die Welt wirklich ist?[7]
Wie „wirklich“ kann etwas sein, das nicht auf uns „wirkt“?
Die Erfahrung zeigt uns, daß auch
etwas da ist, wenn wir es nicht wahrnehmen (z. B. all dasjenige, das
sich hinter unserem Rücken oder nicht in unserem Blickfeld befindet; auch
etwas, das außerhalb unserer Sinnesempfindungen liegt?[8]).
Wir bezweifeln das Dasein solches nicht unmittelbar Wahrgenommene (meistens[9])
nicht. Auch zeigt uns die Erfahrung, daß nach dem Tode eines Mitmenschen die
Welt weiterhin besteht – für uns nämlich. Und wir schließen daher – richtig?[10]
–, daß die Welt auch weiterbesteht, wenn wir einmal nicht mehr sein sollten.[11]
Richtig? Welche Welt besteht denn
„dann“[12]
weiter? Unsere mit Sicherheit nicht – und die Welt(en) der anderen haben wir
niemals erfahren – und auch nicht wahrgenommen. Wir erfahren die Welt immer nur
als unsere – und zwar mit unserem Bewußtsein und unseren Sinnen. Daß die
anderen (Mit-)Menschen Ähnliches oder gar Gleiches erfahren und erleben, nehmen
wir – sehr pragmatisch und für unser Überleben durchaus nützlich – nur an. Und
da diese Annahme für unser Überleben sehr fruchtbringend ist, sehen wir
überhaupt keinen Grund, diese Praxis in Zweifel zu ziehen. Wir können uns über
das von uns Wahrgenommene ja mit anderen unterhalten, und – sollte es sich
nicht um Meinungen, politische Ansichten, ideologische Überzeugungen, religiöse
Ausrichtungen, Weltbild(er) oder wissenschaftliche Theorien handeln – wir
erhalten meistens Zustimmung: Weiß ist weiß,[13]
hell ist hell, tot ist tot. Und Wien ist die Hauptstadt von Österreich, und der
Mensch ist sterblich, und noch kein Flugzeug ist jemals oben geblieben …
Es gibt aber auch jede Menge
anderes, das wir nicht wahrnehmen können und das nicht nur außerhalb unseres
Gesichtsfeldes liegt: alles das nämlich, das unter- oder außerhalb unserer
Wahrnehmungsgrenze (= jenseits unserer Sinnenfenster) liegt: Töne unter 16 Herz
und über 20 000 Herz (für die ganz Jungen unter uns); ultraviolette Strahlung,
die uns bräunt, und Infrarot, das uns wärmt; den Luftdruck, den wir nicht
spüren, radioaktive Strahlen, die – je nach Dosis und Art – unsere Zellen
zerstören, Neutrinos (und Radiowellen), die durch uns hindurchgehen, als ob wir
nicht existierten; und die Schwerkraft, die uns auf den Boden drückt und die
uns schwerelos werden läßt, wenn wir ungehindert fallen … Das Mikroskop zeigt
uns dem unbewaffneten Auge unsichtbare Strukturen, und das Teleskop vermag,
nach stunden- oder tagelanger Belichtung auf Filmen, 15 Milliarden Lichtjahre
ins All „hinaus“ zu schauen – und gleichzeitig damit in die Vergangenheit[14]
… wenn unsere physikalischen Theorien richtig sind[15]
…
Wann aber, bitte, ist eine Theorie
„richtig“? Wenn sie praktikabel ist, also ihre Anwendung Ergebnisse zeitigt,
die wir erwarten. In der Philosophie nennt man eine solche Herangehensweise
„Primat des Praktischen“, oder – wie es bereits Hegel (1770–1831) in Anlehnung
an Kant ausgedrückt hat: Eine Theorie ohne Praxis ist nichts wert, und eine
Praxis ohne Theorie ist leer bzw. sinnlos; sie führt zu nichts. Entmündigte
„handeln“ so …[16] In
der (Natur-)Wissenschaft ist eine Theorie gültig (= „richtig“; eigentlich eher:
„brauchbar“), wenn prognostizierte Ergebnisse eintreffen. Je genauer, desto
besser – für die Theorie und für denjenigen, dessen Überleben möglicherweise
von der Exaktheit des Eintreffens eines prognostizierten Ereignisses abhängt:
Wenn etwa ein Flugzeug genau dort landet, wo es auch soll … oder die exakt
aufeinander abgestimmten Regelkreise in einem Atomkraftwerk in der
vorausberechneten Art und Weise das Durchschmelzen des Reaktors verhindern …
Was auf uns wirkt …
Wie interpretieren wir das mit
technischen Hilfsmitteln Wahrgenommene des Mikro-[17]
oder des Makrokosmos[18]?
Wie stellen wir die Welten (!) außerhalb des uns vertrauten Mesokosmos, also
unserer Mit- oder Umwelt, dar? Welche Bilder (!) stellen wir da her?
Denn eines muß uns schon klar
sein: Alles, was wir wahrnehmen, ist nur unsere subjektive Umwandlung (Bild,
Eindruck) desjenigen, was wir empfinden. „Den Wald vor lauter Bäumen nicht zu
sehen“, drückt sehr schön aus, was damit gemeint ist: Ob wir ein Haus als
ganzes, oder seine Räume oder Stockwerke, seine Fenster oder gar Ziegel als
Einzelne wahrnehmen, hängt nur von unserer Einstellung ab – und worauf wir
unsere Aufmerksamkeit zur Zeit gerade richten. Der Romantiker wandert durch den
Wald und mag Herzen in die Rinden von Bäumen schnitzen; der Förster markiert
die kranken Bäume – und der Selbstmörder mit dem Strick in der Hand sucht sich
einen möglichst dicken Ast … die Sinneseindrücke sind immer dieselben!
Wir sehen, was wir wollen – und
brauchen. Wir sehen aber auch nur das, was wir wahrnehmen können: Vereinzeltes
nämlich und sich Veränderndes sowie Unterschiedliches in seinem Neben- und
Nacheinander.[19] Nur
auf diese Art und Weise vermögen wir wahrzunehmen – und zu verstehen. Alles,
was wir denken, phantasieren, erfinden, kreieren, abstrahieren, konkretisieren,
analysieren, synthetisieren; alles, was wir planen, uns wünschen, erwarten,
fürchten; alles, was uns ängstigt oder (er)freut: Stets handelt es sich um ein (Einzel)
Ereignis „in Raum und Zeit“ – oder um die Möglichkeit dazu. Alles, was
passiert, passieren sollte oder könnte: Es ist dinglich festgemacht, zeitlich
eingeordnet, vereinzelt, kausal verknüpft mit dem Ereignisfluß vor- und
nachher.
Wir nennen das unsere Wirklichkeit.
Vielfach erklären (!) wir das
Auftreten von etwas auch logisch, aber bei weitem nicht immer … Was immer wir
uns jedenfalls vorstellen (können): Es passiert irgendwann und -wo, oder es ist
passiert oder es wird passieren – oder auch nicht. Es muß nur möglich sein –
aber es muß deswegen nicht auch eintreten.[20]
Dies gilt für alles Vorstellbare.
Denn (wenn auch nur gedanklich) „vor-(uns-hin-)stellen“ können wir (uns) nur
Vereinzeltes: Und solches ist immer einmal möglich Gewesenes, das
zumindest schon einmal realisiert worden ist und auf uns gewirkt
hat.[21]
Aber nicht alles Realisierte muß
auf uns wirken! Denken wir nur an die Rückseite des Mondes!
(1) Nur
das von uns Wahrgenommene wirkt auf uns: als unsere subjektive Wirklichkeit.
... und was nicht auf uns
wirkt?
Und wie ist es mit demjenigen, das
wir (bloß) denken? Denken wir etwa nur Vorstellbares? Halten wir uns vor Augen:[22]
Wir können uns nur Vereinzeltes „vor uns hinstellen“ – wenn auch nur
gedanklich. Wenn wir (Allgemein-)Begriffe – denen also kein einzelnes
entspricht – wie „Menschheit“, „Universum“ oder „Gott“ denken: Stellen wir uns
dabei etwas vor? Das ist abhängig von unserer Übung oder vom Grad unserer
Abstraktionsfähigkeit: Bei „Menschheit“ mag sich der eine viele Menschen
vorstellen, der andere kommt mit den Klang- oder Schriftbild des Wortes
aus; bei „Universum“ mag sich der eine
viele Sterne vorstellen oder etwa die Illustration (!) des Urknalls gedanklich
vor Augen haben[23]; und
bei „Gott“?
Bei „Ihm“ sind der Phantasie keine
Grenzen gesetzt …[24]
Weil wir (= der durchschnittliche
Mensch) für jeden Begriff (um ihn nicht leer werden zu lassen) etwas
Vorgestelltes brauchen, um damit umgehen[25]
zu können, sind die Zeichen, Worte, Symbole und Piktogramme erfunden worden: An
ihnen machen wir unsere Vorstellung fest; sie zeigen uns, was gemeint ist,[26]
und wie wir uns zu verhalten haben. So fahren brave Autofahrer nicht gegen eine
Einbahn, wenn sie das entsprechende Verkehrszeichen sehen, und schlagen fromme
Katholiken angesichts des Hochaltars in einer Kirche ein Kreuzzeichen; bei
einem + im Formelsystem einer Rechnung addieren wir, bei der Abbildung eines
durchstrichenen Handys schalten wir – hoffentlich – unser Mobiltelefon aus, und
bei einem toten Schwan am Seeufer laufen wir verängstigt davon …[27]
Was tun aber wir mit Begriffen,
die keinerlei Entsprechung innerhalb unserer Erfahrung haben? Mit dem Begriff
„Gott“ etwa? Oder mit dem Begriff „unendlich“? Mit „ewig“? Mit „unbegrenzt“?
Was tun wir mit Begriffen wie „Raum“ und „Zeit“?
Gott begegnet uns nicht – es wäre
auch kein Gott, käme „Er“ uns entgegen … Auch Unendliches kennen wir nicht aus
unserer Erfahrung: Alles Erfahrene und Erfahrbare[28]
ist endlich – selbst die „unendliche“ Zahlenreihe, denn wir zählen immer nur
bis zu jener Zahl, bei der wir dann aufhören zu zählen … Und unbegrenzt? Wir
kennen nur Grenzen, wir sind umgeben von Grenzen, wir ziehen sie, wir
konstruieren sie – und sei es den Zaun zu Nachbars Garten. Eine Kugeloberfläche
sei unbegrenzt? Wer das behauptet, hat noch keine Kugel gesehen. Unser Weltall
habe einen Durchmesser? Wer das behauptet, hat vergessen, daß nur Vereinzeltes
begrenzt ist, das Universum aber nichts Vereinzeltes ist: Denn wäre es das,
hätte es etwas anderes außer sich und wäre nicht das Ein-Alle …[29]
Was jetzt also: Ist das Universum
alles – oder nicht? Wenn ersteres, dann keine Grenze, wenn zweites, dann kein
Uni-versum, sondern viele … aber „wo“? Und wie?
Wie halten wir es mit der Logik
und der Widerspruchsfreiheit, dem berühmten „tertium non datur“ als
logisches Axiom, ohne das keine Naturwissenschaft denkbar wäre? Gilt der Satz
vom ausgeschlossenen Dritten nun – oder gilt er nicht? Gilt er womöglich nur
eingeschränkt und nicht ubiquitär? Wenn letzteres: Wo gilt er – und wo nicht?
Und wer entscheidet dies?
Wie ist das mit dem Raum?
Wir haben kein Sensorium für ihn; wir nehmen nur Körper als Gegenstände und
Vereinzelte(s) wahr. Das allerdings, was die vielen einzelnen trennt und
auseinanderhält, nennen wir „Raum“. Wir sehen (= nehmen sinnlich wahr!) nur die
vielen voneinander geschiedenen Vereinzelten – und dazwischen nehmen wir
anderes wahr, das zwar nichts direkt Körperliches ist, aber dennoch unsere
Sinne reizt: den blauen oder weißen oder bewölkten Himmel (also die Atmosphäre;
und die ist ja etwas: Gas nämlich, mit und ohne Wassertröpfchen oder Dunst,
also durchaus Dingliches, wenn auch nicht im Sinne von eindeutig Form Habendes)
und nachts das Schwarz zwischen den Sternen. Auch dieses Schwarz ist eigentlich
nicht nichts! Es trennt die Sterne – und von ihnen den Mond, wenn er
scheint.
Nähmen wir allerdings keinerlei
sinnlichen Differenzierungen (also nicht die Vielzahl der Sterne am Nachhimmel)
wahr, würde uns übel, würden wir orientierungslos, würden wir verrückt[30]
– die Menge der sogenannter Deprivationsversuche hat das eindeutig festgestellt
…[31]
Der Raum ist aber auch nicht
nichts![32]
Denn wäre er nichts, wären die Vereinzelten nicht auseinander, sondern
beisammen, und wären sie nicht viele, sondern (ein) Ein(e)s …[33]
Wir nehmen nur Vereinzeltes wahr,
messen die Abstände dazwischen, bewegen uns auch vom einen zum anderen –
dazwischen darf allerdings nichts anderes (Körperliches) „im Weg stehen“: Sonst
erreichten wir unser Ziel ja nicht: Dieses dazwischen befindliche Etwas
hinderte uns ja daran. Andererseits darf zwischen uns und unserem Ziel auch
nicht nichts „sein“ – sonst wären wir ja instantan am Ziel bzw. wären wir mit
dem Ziel gar eins, und es wäre gar kein Ziel, denn wir wären ja schon „dort“ …
Was machen wir jetzt mit unserem
oberen Satz vom ausgeschlossenen Dritten? Ist jetzt etwas zwischen unserem Ziel
und uns – oder nicht? Das gewohnte Entweder–Oder scheint nicht zu
funktionieren; und beides zugleich kann ja auch nicht sein! Also sind wir mit
unserer (zweiwertigen) Logik am Ende? Scheitern wir mit ihr schon an so
Einfachem wie dem Greifen nach dem Kugelschreiber – oder an unsere eigene Nase?
Nebeneinander und nacheinander – zwei Begriffe, die uns so vertraut sind, wie nur irgend
etwas. Verstehen wir schon das Nebeneinander nicht (was ist es „wirklich“[34],
das zwischen zwei Körpern ist, das nicht sein kann aber auch nicht nichts sein
darf!), tun wir uns mit dem Nacheinander noch viel schwerer: Wir haben auch
kein Sensorium für die Zeit! Wir wissen nicht einmal, was Zeit ist![35]
Sie ist kein Etwas, sie ist nicht Raum, wir begegnen ihr nicht, sie „verfließt“
natürlich auch nicht; sie ist weder langsam, noch schnell – aber wir reden die
ganze Zeit von ihr. Tatsächlich kommt die Zeit in der Natur gar nicht vor: Sie
ist (bloß) unsere Art und Weise, mit dem von uns beobachteten Veränderten
umzugehen, es linear einzuordnen. Verändert sich nichts, bzw. nehmen wir nichts
Veränderliches wahr, „vergeht“ uns keine Zeit. Anders herum: „Vergeht“ keine
Zeit, verändert sich auch nichts … Zwei wahrlich seltsame Unerfahrbare: der
Raum, die Zeit – und als drittes die Veränderung …
Und dennoch erleben wir sie,
erfahren wir sie … aber stets indirekt. Nehmen wir sie überhaupt wahr?
Was ist das eigentlich: die Veränderung?
Wer behauptet, daß sich etwas verändert? Nehmen wir Veränderung überhaupt wahr?
Oder ist sie nur eine Illusion? Verändert sich das von uns als Verändertes
Erlebte tatsächlich, oder sehen wir die Veränderung des Wahrgenommenen nur in
das eigentlich Unveränderte hinein? Wie ist das mit der Sonderform der Bewegung
als Ortsveränderung? Was nehmen wir wahr, wenn wir von Bewegung sprechen? Etwas
befindet sich jetzt hier und dann dort. Wie ist es dorthin gekommen? Wie kann
sich etwas durch (!) etwas, das kein Etwas sein darf (der Raum nämlich)
bewegen, der aber – bloß weil er kein Etwas sein darf – auch nicht nichts sein
kann, da sonst (wie wir eben oben festgehalten haben) die Dinge ja nicht
auseinander wären sondern beisammen, und jede Ortsveränderung obsolet
wäre?
Ist es vielmehr nicht eher so, daß
wir Bewegung und Veränderung nur dadurch wahrnehmen, weil wir uns erinnern, daß
etwas (uns eingeschlossen – im fahrenden Auto z. B.) eben noch dort war und nun
hier ist? Seinen (als Autofahrer: unseren) „Aufenthalt“ zwischen unserem eben noch „dort“ gewesen und jetzt
schon „hier“ sein nehmen wir nur nicht wahr – wir konstruieren unseren
„Aufenthalt“ „im“ „Dazwischen“ einfach, wir erschaffen seinen bzw. unseren
Aufenthalt zwischen den Orten bloß, indem wir die Lücke „dazwischen“ mit
unserer Erinnerung „füllen“ – und das nennen wir dann „wahrnehmen“ …
Verrückt? Eigentlich gar nicht
sosehr. Erhalten wir mehr als 16 Bilder pro Sekunde von etwas, das mindestens
1/16 Sekunde lang an seinem Ort verharrt (ein Filmkader z. B.), geboten,
brauchen wir gar keine Lücken mehr zu „füllen“ – dann erscheint (!) uns
das Dargebotene (die Filmszene) ohnedies als bewegt, fließend und
kontinuierlich. Wie empfänden wir aber diese „Bewegung“ (diesen Film), blickten
wir mit einem Moment von ¼ Sekunde Dauer auf das seinen Ort Verändernde?
Verharrte es (der Kader) nicht ¼ Sekunde an seinem Ort, sähen wir es/ihn gar
nicht … Verrückt? Nein. Eine abgefeuerte Gewehrkugel sehen wir ja auch nicht –
aber sie vermag uns zu töten …
Und was empfänden wir, blickten
wir mit einem Moment von einer tausendstel Sekunde (also pro Sekunde tausend
Eindrücke) auf diese fliegende Gewehrkugel? Wir würden sie fliegen sehen – und
sehr langsam noch dazu … Daher können ein Sperber oder ein Falke (die haben je
einen Moment von 1/100 Sekunde) eine flüchtende Maus im Acker erjagen. Wir
schaffen es nicht einmal, eine Wespe in ihrem Gaukelflug zu erschlagen …
Sind also Bewegung und Zeit
Phänomene des Bewußtseins? Und ist Raum und sind die Vereinzelungen seiner
Körper ein ebensolches?[36]
Wie ist das also mit der
Welt? Gibt es eine (!) von uns unabhängige überhaupt? „Die“ Welt ist –
siehe oben – doch immer „nur“ die unsere? Wie ist das aber mit dem „hinter“ dem
von uns Erfahrenen Liegenden, demjenigen, das wir gerne die „von uns
unabhängige Realität“ nennen? Dasjenige also, das ist, wenn niemand
„hinschaut“! Wie ist dasjenige, das angeblich auch unabhängig von uns besteht,
nun real[37]
beschaffen? Wir erschaffen mit unserer Wahrnehmung ja tatsächlich nur
unsere Wirklichkeit – und nennen sie dann halt „Welt“! Eine andere
können wir uns weder vorstellen, noch erfahren … wie denn auch! Es ist immer
nur unsere Welt – und damit ist jene des jeweils einzelnen sie Erlebenden
gemeint: Und die ist räumlich, besteht aus der Vielzahl der Vereinzelten, die
sich verändern, bewegen und unser Zeitempfinden damit erst auslösen.
Oder ist es nicht eher umgekehrt?
Sehen wir die Bewegung etwa in unsere Welt erst aufgrund unseres Zeitempfindens
hinein?
Also die Vielzahl ihrer
Dinge erschaffen wir uns jedenfalls erst: aufgrund der physiologisch bedingten
Dauer unseres Momentes nämlich, mit dem wir etwas (als bewegt) wahrnehmen –
oder eben gar nicht (sic Gewehrkugel). Ob etwas für uns wirklich wird, ist also
davon abhängig, ob es eine gewisse (für uns wahrnehmbare) Verweildauer am
selben Ort hat. Tatsächlich schaffen wir nur über unser Gedächtnis und unseren
Moment aus dem Rausch der Sinnesdaten aus dem uns Umgebenden unsere Wirklichkeit
– und damit unsere Welt. Wir können gar nicht anders, als unsere Sinnesdaten so
zu interpretieren und für uns (!) wirklich zu machen. Das, woraus oder woher
wir unsere Sinnesdaten beziehen oder zu beziehen scheinen, nennen wir gerne
„Realität“.
(2) Unser Bewußtsein wandelt
unsere Sinnesdaten zu unserer Wirklichkeit.
Was aber ist diese Realität?
Die erfinden wir uns
schlichtweg: Indem wir mit den Begriffen aus unserer mesokosmischen
Wirklichkeit versuchen, die hinter unserer Wirklichkeit vermutete Realität
gemäß unserer Vorstellungen (!) zu re-konstruieren – und damit ebenfalls zu verwirklichen.
Und das heißt mit anderen Worten: Wir richten uns die – an und für sich
unerkennbare und für uns gar nicht wahrnehmbare – Realität so her, daß wir sie
in unsere Welt, in unsere Wirklichkeit, einordnen und erklären
können. Nur Eingeordnetes (= Passendes) ist auch erklärt.[38]
(3) Wir verwirklichen unsere
Realität, indem wir sie zu erklären versuchen.
Festgehalten sei: Unsere
Alltagswelt ist letztlich eine unerklärte. Wir leben in ihr unmittelbar
und überleben alleine aufgrund unserer Erfahrung und jenem Verhalten, das wir
uns angelernt haben. Wir agieren und reagieren völlig praktisch („Primat des
Praktischen“!) und untheoretisch („Grau, lieber Freund, ist alle Theorie!“).
Erst wenn wir „erklären“ wollen, warum wir so und nicht anders handeln, machen
wir uns – möglicherweise – Gedanken über unser Tun, das damit zum verantworteten
Handeln wird. Die Ergebnisse unseres Überlegens sind dann die mehr oder
weniger brauchbaren Theorien über unsere Alltagsbewältigung: Wenn ich (m)einer
Frau Blumen schenke, erhört sie mich – vielleicht. Wenn ich die vorgeschriebene
Höchstgeschwindigkeit beim Autofahren überschreite, werde ich bestraft –
vielleicht. Wenn ich aus dem 5. Stock springe, bin ich tot – vielleicht … Warum
ich erhört worden bin (oder auch nicht), warum ich keine Strafen bezahlt und
den Sturz überlebt habe …
Um diese Fragen beantworten zu
können, ist es höchste Zeit, dafür plausible Theorien aufzustellen! Nur
wenn ich (mich) befriedigende Antworten dafür finde, werde ich mein zukünftiges
Verhalten danach ausrichten: Und mir wird wohler sein, weil ich zu wissen
glaube, wie ich vorgehen muß, um etwas zu erreichen oder zu vermeiden. Wenn die
Antworten (= die Erklärung, die Theorie) mich nicht zufriedenstellen, werde ich
nach anderen Erklärungen suchen – oder auch nicht … Ich kann ja tatsächlich
bloß froh sein, auf einen Heuhaufen gefallen zu sein und muß nicht langwierig
herumsinnieren, warum just in diesem Augenblick in der Fußgängerzone ein
Heuwagen unten vorbeigefahren ist …
Will ich aber partout wissen,
warum Wasser bei 100° C kocht (in der Regel jedenfalls und auch das nur auf
Meereshöhe!), und warum Dinge hinunterfallen (was ohnedies niemand weiß),[39]
dann muß ich versuchen, die hinter der Wirklichkeit meines Alltags vermutete
Realität zu erforschen. Aber wie wir seit (3) wissen, ist es nicht so, daß die
vermutete Beschaffenheit und Ordnung der Realität dafür ausschlaggebend ist,
wie sich meine Wirklichkeit erklärt, sondern genau umgekehrt:
(4) Über unsere erlebte
Wirklichkeit erklären wir unsere Realität.
Dazu gibt es die schöne
Illustration eines kugelförmigen Aquariums, in dem der Fischvater mit seinem
Sohn herumschwimmt. Sagt der Vater zum Sohn: „Wie du siehst, ist die Welt rund
und besteht aus Wasser.“
Was sagt uns die Physik? „Wie wir
sehen, ist die Welt gequantelt und diskontinuierlich.“
Verwirrend? Gar nicht! Aber
offenbar scheint es mehrere Realitäten zu geben …
Teil 2: Die Realität(en)
Für die Naturwissenschafter der
alten Denkschule gibt es – siehe den Vergleich mit den Fischen – nur eine
Realität. Und herauszubekommen, wie diese beschaffen sei, gilt als das hehre
Ziel allen naturwissenschaftlichen Forschens schlechthin. Die Wissenschafter
machen dazu die folgenden, allerdings unwissenschaftlichen und unüberprüften[40]
(wie sollten sie auch Unüberprüfbares überprüfen?) Voraussetzungen – zumindest
unserer Meinung nach:
1)
Es gibt eine von
unserer Wirklichkeit völlig unabhängige und dieser vorausgesetzte Realität;
2)
diese Realität ist
strukturiert analog (!) unserer Wirklichkeit, besteht also aus
unterschiedlichen Vereinzelten, die mit- und untereinander agieren und
reagieren;
3)
unsere Methode der
Verknüpfung von Ereignissen zu einer Ursache-Wirkungs-Kette gilt auch für diese
Realität; Kausalität wirkt also auch „dort“;
4)
auch die Realität ist
raum-zeitlich strukturiert;
5)
die Realität ist mit
unserer Logik erklärbar (allerdings nicht unsere gesamte Wirklichkeit, die
bekanntlich über weite Bereiche translogisch ist: Liebe, Hoffnung, Glaube
z.B.!);
6)
es gibt auch in der
Realität nur Endliches;
7)
die Realität ist
geordnet; es wirken in ihr Gesetze, die sich von uns erkennen lassen;
8)
die Realität ist diskontinuierlich;
9)
es gibt nur
Nahwirkendes, d. h. Kräfte müssen übertragen werden: entweder durch
direkte Kontaktnahme (Stoß, Zug, Druck, Hebel etc.) oder durch sogenannte
„Teilchen“, auch „Feldquanten“ genannt;
10)
von Gott ist ein und für alle Mal abgesehen.
Wie leicht erkennbar ist, handelt
es sich um eine Eins-zu-eins-Übertragung der Strukturen unserer Wirklichkeit
(einschränkend: der Wirklichkeit unseres erfahrbaren Mesokosmos!) auf die, von
uns hypothetisch[41]
angenommene, Realität. Diese Realität umfaßt natürlich nicht mehr nur
unseren Mesokosmos, sondern auch den Mikro- und den Makrokosmos. Letztere
gehören allerdings nur mehr indirekt zu unserer Erfahrbarkeit: Denn etwas, das
außerhalb unserer Sinnenfenster liegt, kann eben nur mehr indirekt wahrgenommen
werden, und wird daher immer schon von uns – gemäß der Gewohnheiten aus unserer
mesokosmischen Wirklichkeit[42]
– interpretiert![43]
Wenn wir daher sehr modern und aufgeschlossen und kosmologisch en jour sein
wollen, umfaßt der sogenannte Makrokosmos längst nicht mehr nur „unser“
Universum, sondern „alle“ Multiversa, egal, wie immer man sich diese auch
„vorstellen“ mag.[44]
Allein schon an diesem
„vorstellen“ sollte sich die Grenze der Verwendung dieses Begriffes im Kontext
mit Multiversa zeigen. „Vorstellen“ ist ein Begriff, der – wie alle Begriffe
übrigens! – aus unserem (!) Mesokosmos stammt und unserer Wirklichkeit (= Mit-
oder Umwelt) entlehnt ist. Nur hier macht er Sinn! Alles Nicht-Raum-Zeitliche,
Nicht-Vereinzelte ist per definitionem[45]
unvorstellbar. Wir können uns weder das Universum „vorstellen“ (wir sind ja
„mitten in ihm drinnen“ und immer schon Teil von ihm), noch gar mehrere davon,
also Multiversa … Aber bitte, wir sind für solche Illustrationen in diversen
populärwissenschaftlichen[46]
Magazinen[47]
nicht verantwortlich.
Aber gehen wir diesen Dekalog nun
der Reihe nach durch und kommentieren wir die gemachten Voraussetzungen:
ad 1) Es gibt eine von unserer
Wirklichkeit völlig unabhängige und dieser vorausgesetzte Realität:
Es ist dies eine bloße Annahme,
die jeder Überprüfungsmöglichkeit entbehrt, da jede Überprüfung bereits einen
Akt unserer Wirklichkeit darstellt. Unüberprüfbare Annahmen nennt man in der
Wissenschaft (und nicht nur dort) aber „Spekulation“ oder schlicht „Glaube“.[48]
(5) Die Realität ist
unüberprüfbar.
ad 2) diese Realität ist strukturiert wie unsere Wirklichkeit, besteht also
aus unterschiedlichen Vereinzelten, die mit- und untereinander agieren und
reagieren:
Struktur ist immer etwas bereits
Erkanntes und Geordnetes; Struktur „an sich“ gibt es nicht; sie ist immer eine
„für uns“, d. h. es sind wir, die Ordnung (Proportionen) in etwas hineinsehen.
Wer Ordnung sucht, wird welche finden; wer Chaos erwartet, ebenso. Chaos und
Ordnung sind von uns vorgegebene (Be-)Wertungen. Kristallgitter (die gerne als
Beispiele natürlicher Ordnung gebracht werden) sind nur für uns Gitter. Um ein
solches zu erkennen, bedarf es immer des Hinschauens und Vermessens … Der
Kristall „weiß“ nicht, daß er geordnet ist. Kein Kristall gleicht dem anderen –
auch nicht innerhalb seiner Klasse. Daß sich seine Atome immer in derselben
Formation gruppieren (unsere „Erklärung“ für das Gleichbleiben des
entsprechenden Kristallaufbaus), ist ja bereits eine Interpretation der Kristallentstehung
aus unserer Wirklichkeit: indem wir einzelne (!) Atome und ihr Zueinander dafür
verantwortlich machen!
(6)
Vereinzelung und Zueinander sind Paradigmata unserer Wirklichkeit!
Ob ein Haus etwas Ganzes (=
Vereinzeltes) ist oder nicht, ist abhängig von unserer (!) Betrachtung. Im
„Ensemble“ wird das einzelne Haus zum „Teil des Ganzen“ – wie der Ziegel oder
das Zimmer in bezug auf das einzelne Haus.[49]
Vereinzelung ist immer schon Produkt unseres verwirklichenden Bewußtseins – und
überdies abhängig von der Dauer unseres Momentes (sic Gewehrkugel!);
Vereinzelung in „die“ Realität zu projizieren, ist jedenfalls ein Re-Konstrukt
unserer Wirklichkeit.
(7)
Agieren und Re-agieren sind bloße Schlußfolgerungen.
Und zwar unseres beobachtenden
(Selbst-) Bewußtseins: „Agieren“ bedeutet, „aus sich heraus“ etwas zu tun, es
gilt als unverursacht. „Re-agieren“ meint, auf eine Ursache rückzuwirken – und
nicht etwa umgekehrt, daß also die Ursache die Wirkung auslöste! Mit einer
Re-Aktion wirke ich auf einen Umstand, der für mich Auslöser (also angenommene,
erfundene) Ursache ist! Re-Aktion erfindet immer ihre Ursache; nur
Entmündigte oder Blöde tun etwas ohne Verursachung … Die Fähigkeit zu
(verantwortlichem) Handeln wird ihnen daher folgerichtig abgesprochen! In „der“
Realität re-agiert aber nichts. Was immer „dort“ geschieht, es passiert
notwendig[50]–
oder wird von uns hineingesehen (=re-konstruiert)!
(8) Reales ist unstrukturiert –
aber notwendig.
ad 3) unsere Methode der Verknüpfung von
Ereignissen zu einer Ursache-Wirkungs-Kette gilt auch für diese Realität;
Kausalität wirkt also auch „dort“
Wie wir eben festgehalten haben,
sind wir es, die Ereignisse verknüpfen. Ereignisse (von uns willkürlich aus dem
Fluß des Notwendigen herausgerissen!) sind bereits Momentaufnahmen eines
Geschehens, das sogar als Geschehen in Frage gestellt werden muß, denn – wie
wir oben bereits erkannt haben – sind wir es, die aufgrund unseres Momentes von
1/16 Sekunde und mit Hilfe unseres Gedächtnisses (= Speicher), Veränderung und
Bewegung als solche überhaupt erst wahrnehmen (!). Umso mehr ist jede Art von
Verknüpfung solcher Geschehnisse[51]
erst recht ein Akt unseres Bewußtseins: Ursachen gibt es nicht per se – sie
werden von uns in den Fluß des Geschehens hineingesehen, und das noch dazu mehr
oder weniger willkürlich. Richtschnur für unser (Er-)Finden von Ursachen ist
nur unsere Erfahrung. Es gibt aber keinen Grund, eine erfundene (und
nicht etwa gefundene) Ursache zu limitieren oder zu überbewerten. Wer
bei der Reparatur einer defekten Stromleitung in den Stromkreis gerät, mag als
Ursache seine Unaufmerksamkeit anführen. Warum aber war er/sie unaufmerksam?
Warum war die Stromleitung defekt? Warum hat er/sie gerade in diesem Moment
diese ungeschickte Bewegung ausgeführt? Jedes „Warum“ ist nur die Suche nach
einer „Erklärung“. Wer nicht fragt (eine eindeutige Leistung von
Selbstbewußtsein!), braucht keine Ursache(n) – und keine Erklärungen.
„In“ der (hypothetischen) Realität
der Naturwissenschaften fragt niemand. Also gibt es „dort“ auch keine Ursachen
…
(9) In der re-konstruierten
Realität fragt niemand. Die Kausalität wird von uns hineingesehen.
ad 4) auch die Realität ist raum-zeitlich
strukturiert
Unser Selbstbewußtsein ordnet
seine Wirklichkeit unreflektiert als sich beständig Verändernde zeitlich und
ordnet sie in Vergangenes und Gegenwärtiges. Das Zukünftige hingegen ist reine
Vorwegnahme von möglicherweise Wahrzunehmendem, das Vergangene nur mehr als
Erinnerung in unserem Gedächtnis abgespeichert. Dennoch nehmen wir kein
punktförmiges, statisches Gegenwärtiges wahr, sondern immer schon ein sich
Veränderndes.[52]
Unser Erleben ist daher aus der Vergangenheit über die Gegenwart ins Zukünftige
verschmiert. (Die Psychologie spricht hier von „psychischer Präsenzzeit“.)
Tatsächlich nehmen wir – bewußt! – nur etwas wahr, das sich länger als 1/16
Sekunde an gleicher Stelle befindet.[53] Diese (menschliche) Momentdauer ist nicht nur
auf den Sehsinn beschränkt, sondern umfaßt – mit leichten Abweichungen – auch
die anderen Sinne (den taktilen, den auditiven). Tatsächlich hat ein blind
Geborener ein anderes „Weltbild“ als ein Sehender …
Die re-konstruierte Realität („die
Natur“) kennt aber keine Zeit, nichts Vergangenes (wo wäre „ihre“ Erinnerung
daran auch abgespeichert?), keine Vorwegnahme von erwartetem Zukünftigen (was
hätte die Natur auch zu erwarten?). Die re-konstruierte Realität ist stets eine
gegenwärtige.
Wie kommt es daher zu unserer
Erfahrung von Veränderlichem?
Quantentheoretisch ist die Welt
(„das raum-zeitliche Universum“) diskontinuierlich strukturiert: durch
virtuelle[55] und
reelle (?)[56]
Quanten. Es läßt sich trefflich darüber streiten, ob sich diese Quanten –
einmal entstanden – überhaupt örtlich verändern[57]
(sich also bewegen) können (was z. B. Anton Zeilinger von seinen
Quantenteleportationsexperimenten behauptet), oder ob sie – quasigetaktet –
entstehen, wieder verschwinden, und anderswo („knapp daneben“) („gleich“)
wieder[58]
erscheinen. Dieses Bild (!)[59]
entwirft jedenfalls Hans Peter Dürr:[60]
Es gibt
Prozesse, bei denen, hier etwa bei A, etwas wie ein Elektron auftaucht und dann
später an einer anderen Stelle, etwa bei B, wieder etwas wie ein Elektron
nachgewiesen werden kann. Es hat also den Anschein, also ob ein Elektron von
links nach rechts gelaufen sei. Diese Interpretation geht aber nicht, weil es
zwischen A und B kein Elektron gibt. Es ist also richtiger zu sagen, das
sogenannte Elektron ist bei A verschwunden und bei B oder im Umkreis von B wieder
erzeugt worden. In dieser modernen Welt gibt es keine Materie-Teilchen, die
zeitlich mit sich selbst gleich bleiben. Es entstehen und vergehen Dinge, es
gibt echt kreative Prozesse: etwas entsteht aus dem Nichts und vergeht im
Nichts … Wir haben ein neues Bild von der Welt, in dem sich die Schöpfung nicht
in der Zeit entwickelt, sondern: In jedem Augenblick ereignet sich die Welt neu
– aber im Gedächtnis, wie sie vorher war. Das heißt, sie wird nicht total
anders, sondern sie ähnelt der Welt, wie sie vorher war …
Das ist sehr bemerkenswert, sehr
anthropomorph und – was Dürrs Begriffswahl anbelangt – sehr gewagt und nicht
sehr philosophisch; aber es trifft die Problematik der Veränderung punktgenau:
Dürr transponiert dabei allerdings ziemlich unbekümmert Begriffe aus unserer
Wirklichkeit (woraus sonst auch?) in die Realität, die er auf diese Weise
sofort zu unserer Wirklichkeit macht …[61]
Dürr setzt nämlich in seinem Bild[62]
von der Realität (er nennt diese „Welt“) in dieser (!) Raum, Zeit und das
Nichts voraus – und den Augenblick obendrein; und er erfindet ein „Gedächtnis“
der Welt, das sich in „Ähnlichkeit“ äußert – alles Begriffe, die nur auf Basis
von Selbstbewußtseins überhaupt Sinn machen und in der Natur nirgendwo Entsprechung
haben. Gehen wir die einzelnen, von Dürr vorausgesetzten Begriffe zur Erklärung
der Veränderung der Reihe nach durch:
Zeit: Sie ist unsere (!) Interpretation der Veränderung und
setzt sowohl eine Referenzbewegung mit möglichst gleichförmiger Taktung als
auch Beobachtung voraus. Beides bedarf des Selbstbewußtseins.
(10)
Außerhalb von Selbstbewußtsein gibt es keine Zeit.
Gibt es auch keine Veränderung ohne Zeitempfinden? Das
würde Physiker und Zoologen (Tiere reagieren ja auch auf Veränderungen) nicht
freuen und widerspräche auch allen beobachteten Veränderungen in der Natur z.
B. geologischer Art (etwa Mondkrater, Ebbe und Flut, geologische Schichtungen,
Erosion, Akkumulation etc.). Damit haben wir allerdings das Problem, wie sich
in der stets gegenwärtigen Natur etwas verändert (was uns ja nur zeitlich
erklärbar ist).
Die Frage bleibt: Wie verändert sich etwas? Läßt sich
Veränderung von (Selbst-)Bewußtsein abkoppeln?
Der Trick, mit dem Dürr die
Veränderung in seine Realität hineinschwindelt, ist fast genial: Seine Realität
„verändert“ sich gar nicht, sondern wird „ähnlich“, jedenfalls aber anders,
immer wieder neu geschaffen. Dafür muß Dürr allerdings einen hypothetischen
Hintergrund (er nennt ihn „Nichts“) einschmuggeln, aus (!) dem heraus dieses
Entstehen und Vergehen stattfindet … Das ist philosophisch sehr unbefriedigend
– und nicht sehr denkökonomisch, da ein solches Vorgehen an das bereits seit
Aristoteles (384–322 v. Chr.) verpönte Zwiebelschalendenken erinnert: eins im
anderen (Prinzip der russischen Puppen). Dürr benennt das eine (das Äußere)
„Nichts“ und das andere (das Innere) „Welt“. Dazu ist freilich einiges
anzumerken:
Nichts: Das Nichts existiert nicht – es geht ihm ja, als
Totalnegation von Sein, dieses eben ab. Außerdem ist Negieren[63]
jene höchst elaborierte Leistung des menschlichen Selbstbewußtseins, die den
Homo sapiens sapiens erst zu dem macht, was er ist: zum einzigen (uns zur Zeit
bekannten), zur Totalabstraktion[64]
befähigten Lebewesen. In der Natur (in der Realität) gibt es aber keine
Abstraktion und daher auch keine Negation. Alles, was (in der) Natur ist, ist – und dauert an. Dieses Andauern von
Existierendem ist sein Wesen(tliches) schlechthin. Das Nichts hingegen ist
weder „da“, noch „ist“ es, noch dauert es.[65]
„Aus“ dem Nichts kann auch weder etwas entstehen, noch „dorthin“ verschwinden …
Entstehen kann etwas nur aus Vorhandenem („Aus nichts wird nichts!“)[66].
Daher kann sowohl der Dürrsche „Hintergrund“ als auch das „Nichts“ der
Physiker, „aus“ dem die virtuellen Quanten „sprießen“ wie Frühlingsblumen, nicht
nichts sein, sondern muß vielmehr alles sein, auf dessen Basis wir unsere
Wirklichkeit erleben: das Absolute[67]
oder Mögliche.[68]
Schon Aristoteles hat diese
Anderwelt[69] als
Potentialität (= Möglichkeit, Mögliches) bezeichnet. Diese ist aber keine Negation
des Seins, sondern das dieses Sein Voraussetzende – als Akt(ivum) jeder
Realisierung. Falsch wäre es, das Mögliche (= die Anderwelt) als dem Sein
Vorausgesetztes (als Passivum) zu bezeichnen! Dann drehte sich nämlich
die Voraussetzungproblematik um, und das Sein setzte (aktiv!) das Mögliche
voraus, was eine Umkehrung des (physikalischen) Zeitpfeiles und der
(menschlichen) Kausalität bedeutete![70]
Augenblick: Die Welt (= die Realität, die Natur) ist – siehe oben –
stets gegenwärtig. Dürrs Beispiel mit dem „Vergehen“ und „Entstehen“ von
„Elektronen“ setzt Beobachtung (via unserem Augenblicke) bereits voraus. Oder
was meint Dürr mit „in jedem Augenblick ereignet sich die Welt neu“? Hat die
Welt Augenblicke? Oder kennt nur Bewußtsein welche?
Ähnlichkeit: Es gibt keine Ähnlichkeit ohne Bewußtsein. Es gibt nur
Dinge (an sich), und die sind so, wie sie sind. Kant nannte dies übrigens
genauso: „Ding an sich“. Damit diese Dinge allerdings auch „für uns“ sind,
müssen wir sie erst ansehen … mit Hilfe unseres Momentes übrigens. Erst dann konstruieren
wir Ähnlichkeiten: in unserer Wirklichkeit! Alle Ähnlichkeiten ergeben sich
nur aufgrund eines Vergleiches – und ein solcher setzt Gedächtnis und
Abstraktion voraus; diese sind aber Fähigkeiten von (Selbst-)Bewußtsein und kommen
in der Realität nicht vor (es sei denn als unser Selbstbewußtsein, da wir ja
als Körperlich-Dingliche immer schon auch Teil der Realität sind!). Seit wann
„wüßte“ die Welt, wie sie „vorher“ war, um ihr – im „nächsten Augenblick“ –
„ähneln“ zu können? Oder meint Dürr mit seiner Formulierung: „... sie ähnelt
der Welt, wie sie vorher war“ nur eine von Menschen getroffene Aussage? Dann
hat er aber naturwissenschaftlich nichts Neues „erklärt“ …
Raum: Aber Dürr hat noch ein anderes Problem. Er schreibt oben:
Es ist also richtiger[71]
zu sagen, das sogenannte Elektron ist bei A verschwunden und bei B oder im
Umkreis von B wieder erzeugt worden. Das bedeutet, daß Dürr einen Raum
bereits voraussetzen muß, „aus“ dem Quanten (in seinem Beispiel sind es
Elektronen) „verschwinden“ und „in“ den sie wieder „erzeugt“ werden. Raum, aus
dem etwas genommen und in den etwas kommen kann, ist aber ein Newton´scher
Raum, also ein Fassungsraum. Nur bis Newton (1643–1727) galt der Raum aber als
absolut – und konnte auch leer sein; man konnte aus ihm die Dinge nehmen (wohin
man sie dann getan hätte, hat Newton nie verraten …) Seit Einstein (1879–1955)
gilt der Raum aber als relativ – und ist von Masse abhängig: wo mehr Masse, ist
der Raum stärker „gekrümmt“ – wo keine Masse, ist er „flach“.[72]
Nach H. Pietschmann und Gerhard Schwarz (Wiener Philosoph, geb. 1938) et alia
(auch nach Kohaut/Weiss) bedingen Raum und Körper[73]
einander: Ohne Raum keine Masse (= Körper oder Dinge), ohne Masse kein Raum
(die Möglichkeit zur Vereinzelung; das Auseinander von Vereinzeltem).
Quanten, die „aus“ dem Raum
„verschwinden“ und „wieder“ (was ja ein Später, also Zeit bedingt!) „erzeugt“
werden, schrammen hart am modernen Verständnis von Raum und Masse vorbei. Bei
virtuellen Quanten (siehe Anmerkung 55) löst man das Problem mit Hilfe der
Planck-Zeit: Sie entstehen und vergehen „schneller“ (= in kürzeren
Intervallen), als die Dauer von 10-43 Sekunden. Damit verletzt ihr
„Kommen“ und „Gehen“ nicht das „Raum-Zeit-Kontinuum“. Allerdings dürfte
angesichts der Planckschen Größen von „Kontinuum“ gar nicht mehr gesprochen
werden: es sei denn, man „schaut“ so ungenau hin, wie wir es tun.
Dürrs Elektronen sind aber keine
virtuellen Quanten, sondern „handfeste“, beobachtbare (?)[74]
Teilchen.[75] Etwas,
das verschwindet (wohin?) und wieder kommt (woher?), macht arges –
philosophisches – Kopfweh … Irgendwie hat es den Anschein, als würde trotz
Beschwörung eines „modernen Menschenbildes“ (so der Titel von Dürrs Vortrag, a.
a. O.) der alte Newton´sche absolute Raum wieder eingeführt – und dazu gleich
ein hypothetischer Hyperraum (aristotelisches Zwiebelschalendenken!), der aber
nicht einmal hypothetisch sein kann, da er prinzipiell unerfahrbar ist (=
experimentell unüberprüfbar). So etwas nennt man – wir wissen es bereits – „Spekulation“
oder „Glaube“ …
Dürr eliminiert die Problematik
der Veränderung durch permanentes Verschwinden- und neu Entstehenlassen der
Welt. Das „gelingt“ ihm, indem er das Nichts mit Fähigkeiten ausstattet, wie
wir sie nur von unserem Selbstbewußtsein her kennen. Er kreiert also eine Art
kosmische Taktung mit kosmischem Gedächtnis. Und Dürr ist ein ehrenwerter Mann
…
Wir rekurrieren auf den
Bewußtseinsmoment und wollen die Welt über ihn takten und auf diese Weise die
Veränderung dingfest machen. Bei kürzer als 1/16 Sekunde dauernden Momenten
verlangsamt sich (verglichen mit unserer Erfahrung) die jetzt wahrgenommene
Veränderung. Wir kennen das von der Zeitlupe, wo mehr Bilder pro Sekunde
aufgenommen werden, als für unser Bewegungsempfinden nötig wäre: 24 Bilder, 50
Bilder, 100 Bilder pro Sekunde. Wird der Film dann mit normaler Geschwindigkeit
abgespielt (notwendig sind mindestens 18 Bilder pro Sekunde, um das Ruckeln zu
vermeiden), erscheinen uns die gewohnten Bewegungen verlangsamt: z. B. ein
Schispringer, der langsamer durch die Luft gleitet, als unserer Erfahrung
entspricht, oder ein Fußgänger, dessen Bewegungen unnatürlich – und
physikalisch widersprüchlich – verzögert erscheinen.
Wird der Moment hingegen gedehnt,
wird also nur alle paar Sekunden, Minuten, Stunden je ein Bild gemacht, erleben
wir beim normalen Abspielen der Sequenz den Zeitraffereffekt: Eine Rose erblüht
in nur wenigen Sekunden, Fußgänger wuseln durch die Straßen …
Diese Erfahrung aus der filmischen
Praxis läßt sich trefflich für unser Gedankenexperiment verwenden:
Bei einem Moment eines
hypothetischen Wesens von 360 Tagen Dauer, erschiene ihm die Erde, vertikal auf
ihre Umlaufbahn betrachtet, als blauer Torus mit einem Radius von etwa 150
Millionen Kilometern und einer Dicke von rund 13 500 Kilometern. Die Erde
selbst hätte allerdings ihre Dinglichkeit (und damit auch ihre Kugelgestalt)
und ihre Bewegung verloren: Es gäbe sie für dieses Wesen schlicht nicht. Die
Wahrscheinlichkeit, beim „Hineingreifen“ in diesen Torus den (prinzipiell nicht
erkenn- und für dieses Wesen auch nicht vorstellbaren!) Planeten zu
„ergreifen“, beträgt rund 1 : 70 000.[76]
Wohl aber könnte ein solches Wesen die Masse des Torus und seine Gravitation
auf die ihn umgebenden Massen messen: Beide wären unseren Meßergebnissen (wenn
auch in anderen Maßeinheiten) äquivalent.
Die folgende Überlegung bis (11)
geht (obwohl wir den Urknall ablehnen) von einem Alter des Universums von 15
Milliarden Jahren aus und soll nur der „Veranschaulichung“ dienen. Bei einem
unbegrenzten und ewigen Universum wären auch längere Momente zulässig, es wäre
sogar ein „ewiger“ Moment denkbar …[77]
Bei einem „Moment“ von 15
Milliarden Jahren Dauer wäre allerdings die Struktur des gesamten Universums
unerfahrbar – also einexistent.[78]
Wir „sähen“ – behielten wir (rein theoretisch) unseren irdischen Standpunkt bei
(was ja gar nicht ginge, da unsere Erde bekanntlich erst seit 4,5 Milliarden
Jahren existiert) –, wie heute auch, in eine Kugel mit dem Durchmesser von 30
Milliarden Lichtjahren.[79]
Tatsächlich sähen wir aber nichts, da es für uns keine „Objekte“ mehr gäbe, die
Licht emittier(t)en und reflektier(t)en. Diese hätten ja für unseren Moment zu
kurz „existiert“, um von uns wahrgenommen werden zu können (sic Gewehrkugel).
Da Licht aber selbst nicht leuchtet, sondern nur von Materiellem
emittiert oder an Materiellem reflektiert, gebrochen, gebeugt und gestreut
wird, sähen wir gar nichts … Nur 15 Milliarden Jahre lang andauernde Objekte
könnten wir sehen – aber die gibt es ja (laut Kosmologie) nicht: Kein Stern
leuchtet so lange … unverändert und vom gleichen Ort! Allerdings könnten wir
die Masse und die Gravitation dieser unsichtbaren Kugel (die aber aufgrund
ihrer Unsichtbarkeit nicht einmal eine Kugel wäre!) mit ihrem „Radius“ von 15
Milliarden Lichtjahren[80]
messen: Die Ergebnisse entsprächen unseren Messungen (eigentlich sind es ja nur
Schätzungen bzw. Hochrechnungen) der Gesamtmasse und Gesamtgravitation unseres
Universums. Seine Struktur wäre freilich verschwunden, wir erführen keinerlei
Materie (= Körper, Dinge, Vereinzelungen) – wir erführen …
Was erführen wir eigentlich –
nicht?
Bemühen wir die Einsteinsche
Äquivalenzgleichung E = m . c2. Energie ist ihr gemäß Masse mal dem
Quadrat der Lichtgeschwindigkeit. Und Masse (als Materie) ist Energie dividiert
durch das Quadrat der Lichtgeschwindigkeit. (Die verheerende Zerstörungskraft
der Atom- bzw. Wasserstoff- oder gar Neutronenbomben basiert auf dieser sich
daraus ergebenden enormen Energiemenge in jedem Stückchen Materie!) Energie (=
uns im Alltag nur erfahrbar als Kraft oder Arbeit; den Physikern hingegen
bekannt als potentielle und kinetische sowie als Masse) tritt aber nur als
Wechselwirkung von Materiellem (Körpern, Dingen, Vereinzelten, Realisiertem)
auf: als eine der vier Grundkräfte (Wechselwirkungen).[81]
Wir können aber im uns jetzt gewahren „Zustand“ des Universums nichts
Vereinzelten mehr wahrnehmen: Es „existiert“ ja zu kurz bzw. „verändert“ sich
schneller, um 15 Milliarden Jahre konsistent bestehen zu bleiben! Die
Aufspaltung in „Energie“ und „Materie“ kann es (für uns) gar nicht geben! Kämen
wir überhaupt auf die Idee, sie zu erfinden? Wenn ja, wären sie reine
Spekulation, da sie keinerlei Entsprechung in unserer Wirklichkeit hätten! Im
Klartext: Wir könnten sie nicht einmal erspekulieren, da wir bekanntlich nur
bereits Erfahrenes zu – jetzt allerdings anders zusammengesetzten oder
angewandten – Phantasiegebilden formen können.
Es herrschte also Dunkelheit
(diesen Begriff würden wir aber nicht kennen, da uns Helle unbekannt wäre!),
und es existierte nichts: weil Existenz (wir kennten diesen Begriff gar nicht!)
für uns nicht einmal hypothetisch vermutet werden könnte. Wie kämen wir auch
auf so etwas Sonderbares? Nicht einmal die Masse und ihre Gravitation könnten
wir messen – wir hätten ja keine Meßgeräte … Wir bräuchten für diese Messung
auch ein Mehrfaches von 15 Milliarden Jahren, da ja jede Messung auch
Veränderung bedeutet und Veränderung mit einem Moment von 15 Milliarden Jahren?
Absurd das ganze …
Es wäre trotzdem nicht nichts,
denn Nichts – siehe unser entsprechendes Nachdenken darüber – kann nicht sein. Es
wäre auch kein Raum, denn Raum ist nur, wenn und wo Körper sind, aber Körper (=
Vereinzelte) gibt es ja nicht … es gäbe keinerlei Struktur, „Wo“ auch, wenn es
keinen Raum gibt.
Es wären also nur Masse und
Gravitation … Masse, ohne Vereinzelung
ihrer eigenen Gravitation ausgesetzt, konzentrierte sich auf einen
ausdehnungslosen Punkt,[82]
denn Raum gibt es schon „längst“[83]
nicht mehr, weil es ja auch keine Körper „mehr“ gibt … Es wäre natürlich nicht
nichts, sondern alles, aber das nirgends …
(11) Es
wäre Alles als Eines, losgelöst von jeglicher Diskontinuität: das Absolute, das
Kontinuum, die reine Möglichkeit zu Allem als Vieles.
Auch ein „äußerer“ „Standpunkt“
(also ein hypothetischer Beobachtungsstandpunkt „außerhalb“ unseres Universums)
brächte uns keinen Vorteil:[84]
Wir „blickten“ nämlich auf ein Universum letztlich ohne Begrenzung oder
Ausdehnung (egal jetzt, ob 30 oder 80 oder 0 Milliarden Lichtjahre im
Durchmesser), weil ja jeder Maßstab oder Hintergrund, gegenüber dem wir diese
Dimension ausloten könnten, fehlte …[85]
Wir „erführen“ (abermals) grenzenlose, unveränderliche (= also ewige) Masse mit
Gravitation. Sehen könn(t)en wir abermals nichts, jetzt aber aus einem
zusätzlichen Grund: Das (uns völlig unbekannte) Licht könnte aufgrund der
Gravitation der Masse diese gar nicht verlassen …
„Wohin“ eigentlich auch? Es gibt
ja keinen Raum! „Wo“ befänden wir uns dann?
Verlängerten wir unseren Moment
auf unendlich, gäbe es nicht einmal mehr Masse und Gravitation, da es „im“
Unendlichen keinerlei Unterschiede gibt …
Von potentiellen Messungen sehen
wir diesmal besser ab … Worte (und die Vorstellung[86]
ohnedies) haben ohnedies schon „längst“ versagt …
Verkürz(t)en wir dagegen in
unserem Gedankenexperiment den Moment immer mehr, erstarrte jede Bewegung und
Veränderung: Sie fröre ein. Alles Vereinzelte verhielte sich (nahezu) unbewegt:
Die Vögel hingen am Himmel, die Planeten blieben auf ihrer Umlaufbahn (fast)
stehen, ihr Umlauf dauerte (fast) unendlich lang …
Verbleiben wir im
naturwissenschaftlichen Modell, wirkten auch keinerlei Kräfte mehr, denn
alle Wechselwirkungen beruhen dem
herrschendem physikalischen Denken nach auf Nahwirkung, also auf dem Transport
(= Bewegung) von Feldquanten. Ohne vereinzeltem Materiellen und ohne
vermittelnde Feldquanten natürlich auch keine Braunsche Molekularbewegung,
ergo keine Wärme – auch keine Strahlungswärme, die ja Photonen-Energie ist.[87]
Die Materie löste sich (ohne Kernkräfte) schlußendlich auf zu reiner Masse und
ihrer Gravitation. Masse, ohne Vereinzelung ihrer eigenen Gravitation
ausgesetzt, konzentrierte sich auf einen ausdehnungslosen Punkt, der allerdings
nicht „irgendwo“ wäre, so wie wir Punkte mittels Koordinaten im Raum angeben:
denn Raum gibt es schon „längst“ nicht mehr, weil es ja auch keine Körper
„mehr“ gibt … Es wäre natürlich nicht nichts, sondern alles, aber das nirgends
…
Das aber kennen wir schon …
Und das Bewußtsein, das aufgrund
seines Momentes überhaupt erst ist?[88]
Sowohl Bewußtsein mit einem Moment von fast (!) unendlicher Dauer, als auch
eines mit extrem kurzem Moment würde nur (fast) Unverändertes wahrnehmen
können: dasjenige mit zu langem Moment kaum Vereinzeltes mehr, und dasjenige
mit extrem kurzem Moment de facto jedes Elementarteilchen – eine entsprechend
hohe Wahrnehmungsauflösung vorausgesetzt; aber das dürfen wir getrost – in
einem Gedankenexperiment ist (fast) alles erlaubt.
Bewußtsein (tierisches wie
menschliches) ist aber nur möglich, wenn es als vereinzeltes anderes wahrnehmen
und darauf reagieren kann: Das ist die allgemeinste Definition von Bewußtsein.
Die Subjekt-Objekt-Trennung von Selbstbewußtsein (wir sprechen von
Selbstbewußtsein, wenn wir uns als ein Ich, also ein Subjekt fühlen; bei Tieren
leugnen wir ein solches; ob zu recht oder unrecht soll hier nicht entschieden
werden!) ist Voraussetzung für jede reflektierte (also theorienbildende)
Wahrnehmung; wahrgenommen werden (auch von Tieren) kann aber nur etwas, das vom
Wahrnehmenden unter- und geschieden ist – und daher von (Selbst-)Bewußtsein als
veränderlich wahrgenommen wird!
Auch aus diesen (definitorischen)
und jedes Bewußtsein erst ermöglichenden Gründen verbietet sich das de facto
Erreichen von Grenzwerten wie „unendlich langer Moment“ und „unendlich kurzer
Moment“. Aus physikalischen und philosophischen Gründen bedürfen
(Selbst-)Bewußtseine endlicher Momentwerte, um diskontinuierliche Welten
überhaupt verwirklichen zu können. Wie lang oder kurz ein Moment auch immer
sein mag: Er muß (endliche) Dauer[89]
haben. Unser Moment dauert 1/16 Sekunde – mögliche andere seien somit kürzer
oder länger, mit allen den sich daraus ergebenden (und in den oberen
Gedankenexperimenten auftretenden) Konsequenzen.
Fazit
1:
Das
Absolute ist die Polarität von Masse und Gravitation, und als Einheit in dieser
Zweiheit (= Triade oder Trinität) das Kontinuum, das von (Selbst-)Bewußtsein
über seinen Moment in Vereinzeltes (Materielles) und Energetisches
(Wechselwirkendes) als re-konstruierte Realität diskontinuierlich relativiert
wird. Daher ist Gravitation auch keine Wechselwirkung – und Veränderung wird
von Bewußtsein erst geschaffen.[90]
Daraus ergeben sich folgende Thesen:
(12) Es
gibt keine Wirklichkeit (= Welt) ohne den sie schaffenden Moment.
Natürlich gilt auch die Umkehrung:
(13) Es
gibt keinen Moment ohne die von ihm geschaffene Wirklichkeit.
Die jeweils erlebte Wirklichkeit
ist direkt von der Dauer des Momentes abhängig; ebenso die für uns – ganz im
Sinne des Kant´schen „Dings an sich“ – unerfahrbare Realität, die wir als
unserer Wirklichkeit vorausgesetzt re-konstruieren.[91]
(14) Es gibt keine absolute Realität
– aber viele relative (= momentabhängige) Realitäten.
(15) Alle relativen Realitäten
sind nur Re-Konstrukte deren Wirklichkeiten – wenn diese Bewußtseine überhaupt
eine solche Realität konstruieren![92]
(16) Als Re-Konstrukt ist jede
Realität unerkennbar.[93]
Aber schon Bertrand Russell
(1872–1970) hatte festgehalten, daß es Absolutes geben müsse, damit anderes
relativ dazu sein könne.[94]
Aus unseren obigen Gedankenexperimenten hat sich diesbezüglich im Fazit bereits
ergeben:
(17)
Das notwendig Absolute für alle Realitäten ist die Polarität von Masse und
Gravitation.
Für Albert Einstein war dies noch
die Lichtgeschwindigkeit gewesen.[95]
Diese gilt aber nur für unsere (!), aus unserer (!) Wirklichkeit
re-konstruierte Realität als Absolutes. Andere Realitäten, in denen Licht nicht
vorkommt,[96]
haben andere – gesetzte![97]
– Absoluta.[98]
Mit Hilfe des jeweiligen
(sinnlich-physiologisch bedingten) Moments relativiert das durch ihn getaktete
Bewußtsein das Absolute des Masse-Gravitations-Kontinuums zu seiner
materiell-energetischen Wirklichkeit. In unserem Fall (des Homo sapiens
sapiens) besteht unsere Wirklichkeit (erlebt mit einem Moment von 1/16
Sekunde!) aus der uns gewohnten Vielzahl an Materiellem (als vereinzelte Dinge
oder Körper) und des zwischen ihm wirkenden Energetischen (via der von uns
konstruierten vier Wechselwirkungen[99]).
Erst aufgrund dieses von uns Erfahrenem hat unsere Vernunft unsere Realität
re-konstruiert: nach den Kriterien unserer Erfahrung! Andere Bewußtseine mit
anderen Momenten filtern andere Realitäten aus dem
Masse-Gravitations-Kontinuum!
(18) Aus dem Absoluten werden
so viele Realitäten relativiert, als es unterschiedlich lange Momente von
Selbstbewußtsein(en) gibt.
(19)
Das absolute Masse-Gravitations-Kontinuum ist prinzipiell unerkennbar.[100]
Fazit
2:
Das
Kontinuum des Absoluten kann nur als diskontinuierliches Relatives wahrgenommen
(= erkannt) werden: als vom Moment des Bewußtseins abhängige Wirklichkeit. Verfügt
das Selbstbewußtsein über Vernunft, re-konstruiert es (s)eine Realität.[101]
Da Kontinuierliches (das Absolute)
nicht (direkt) wahrgenommen werden kann (Wahrnehmung bedeutet ja
Unterscheidung), ist Quantelung (= Vereinzelung) das Voraussetzende von
Erkenntnis. Daraus folgt:
(20)
Erkenntnis ist immer diskontinuierlich.
Diskontinuierlichkeit setzt aber
Veränderung voraus: Nur Kontinuierliches ist unverändert!
(21) Die Relativierung des
Absoluten erfolgt durch Veränderung.
Fazit 3:
Veränderung ist nur als
bewußte.
(22) Veränderung ist
immer eine erkannte[102]
und setzt als Bewegung[103]
Bewußtsein voraus.
Mit dieser Erkenntnis haben wir
den Jahrtausendealten Gordischen Knoten des Problems, Veränderung erklären zu
sollen, durchschlagen. Die alte Antinomie zwischen Parmenides (540–480 v.
Chr.), dem bedeutendsten der eleatischen Philosophen, der nur das (ewige,
unveränderliche) Sein als „wahr“ gelten ließ[104],
und Heraklit (ein Zeitgenosse von Parmenides), dem nur das (vergängliche,
wandelbare[105])
Seiende als wahr galt, ist damit aufgehoben.
Wie schon Zenon (von Elea, um 450
v. Chr.) in seinen Fangschlüssen (Paradoxa) zeigte, kann es nämlich (wir
ergänzen jetzt angesichts der obigen Erkenntnis: unabhängig von
Selbstbewußtsein) weder Vielheit noch Bewegung geben.
Zenons Achilleus zeigt, daß unser
Selbstbewußtsein seine Wirklichkeit nur diskontinuierlich begreifen und
erfahren kann – die Logik[106]
dieser Einschränkung aber nicht unterliegt. Sonst käme es nämlich nicht zu
Folgen, wie sie Zenon (unausgesprochen: gültig nur für das logische Schließen!)
hier beschreibt:
Achilles
und die Schildkröte wollen einen Wettlauf austragen. Die Schildkröte erhält
dabei einen Vorsprung. Nach dem Start muß Achilles zuerst den Punkt erreichen,
von dem aus die Schildkröte gestartet ist. Inzwischen ist die Schildkröte
weitergekrochen. Hat Achill auch diesen Punkt erreicht, ist die Schuldkröte
schon wieder ein Stückchen weiter … Achill kann die Schildkröte weder
erreichen, geschweige denn überholen.
Jeder Überholvorgang im
Straßenverkehr spottet Zenon Hohn. Und dennoch hat er (die obige
Differenzierung zwischen Bewußtsein und Logik vor Augen) recht: Teilen wir die
Strecke zwischen Achill und der Schildkröte ad infinitum, ist Zenons
Argument richtig. Die Lösung des Jahrtausendealten Dilemmas: Wir dürfen unsere
Wirklichkeit nicht in unendlich kleine Abschnitte quanteln: Unser Diskontinuum
muß endlich bleiben – und immer ein Kleinstes haben. Und einige solcher Minima
kennen wir ja bereits: in unserer Wahrnehmung (= z. B. Überholvorgang auf der
Autobahn) wird dieses durch unseren endlichen Moment der Wahrnehmung
garantiert, bei der Streckenteilung definiert uns die Physik die kleinste
Ausdehnung mit der Planckschen Länge: 10-35m, und die Planck-Zeit
von 10-43 s haben wir auch schon kennengelernt.[107]
Das alleine reicht aber nicht aus,
Veränderung zu verwirklichen. Wie wir schon bei den weiter oben gebotenen Gedankenexperimenten
zeigen konnten, träte bei (unmöglichem!) unendlich kurzem Moment tatsächlich
Stillstand ein. Genau darauf zielt auch Zenons Pfeilparadoxon:
Alles,
was einen begrenzten Raum ausfüllt, der genauso groß ist wie es selber,
befindet sich in Ruhe. Nun kann aber ein Pfeil in jedem Augenblick seines
Fluges nur ein Raumstück ausfüllen, das genauso groß ist wie er selbst.
Folglich befindet sich der Pfeil in jedem Augenblick seines Fluges nicht in
Bewegung, sondern in Ruhe. Was jedoch für jeden Zeitpunkt eines Zeitabschnittes
gilt, muß auch für den Zeitabschnitt im ganzen gelten – also befindet sich der
Pfeil überhaupt nicht in Bewegung, sondern in Ruhe.
Generationen von Philosophen und
Maturanten haben sich darüber den Kopf zerbrochen, was an diesem Paradoxon
falsch sein könne. Es ist gar nichts falsch daran: Es ist bloß das logische und
ergo richtige Ergebnis, wenn der Augenblick (= Moment) als alleiniges Maß für
die Wahrnehmung genommen wird: Denn jeder einzelne Augenblick bietet uns tatsächlich
nur Gegenwärtiges, also Ruhendes, Unveränderliches.
Unser Eindruck von Bewegung
erfolgt aber nicht nur aufgrund des Momentes, egal, welche Dauer er nun hat,
sondern erst (!) aufgrund unserer Erinnerung (Gedächtnis) an das letzte
(vorherige) Bild.
(23) Erst der Vergleich[108]
mit Erinnertem verwirklicht (!)[109]
Veränderung.
Fazit 4:
Es gibt keine Veränderung ohne
vergleichendes (erinnerndes) und über seinen (endlichen) Moment
Diskontinuierliches schaffendes Bewußtsein.
Selbstbewußtsein, das über die
Vereinzelung der Dinge und deren sich daraus ergebendes Auseinander Raum
erfährt und diesen überwinden will, kann das nicht erklären, da zwischen
den einzelnen – stets gegenwärtigen und endlichen(!) – Augenblicken, ohne die
Endlichkeit aufzugeben (!), keinerlei logisch notwendige Verbindung herstellbar
ist:
(24)
Zwischen jeweils Gegenwärtigem besteht kein Unterschied und ergo keine
Verbindung, da nur Unterschiedliches verbunden bzw. kommuniziert werden kann!
Veränderung des Existierenden ist
– in einer diskontinuierlichen Realität mit (örtlichem) Aus- und (zeitlichem,
also erinnertem) Aufeinander – logisch, also kontinuierlich, nicht herstellbar
und ergo nicht erklärbar: Nur über die Erinnerung (= Gedächtnis von Bewußtsein[110])
und die getakteten Augenblicke (= Momente) ergibt sich Veränderung – und als
örtliche die Bewegung.
Nur Unveränderliches
(Ununterschiedenes) ist – sagte Parmenides.
Nur Veränderliches
(Unterschiedenes) ist – erklärte Heraklit.
Der Widerspruch ist allerdings nur
ein scheinbarer und läßt sich leicht auflösen:
1)
realiter über das
Selbstbewußtsein, das aus dem unveränderlichen Sein (dem Einen) das
veränderlich Seiende (das Viele oder Alle) über Moment und Gedächtnis verwirklicht
und
2)
semantisch über die
Einführung der Aufsplittung des Seinsbegriffs in geben und existieren.
Diese semantische Aufsplittung,
angewandt auf die Antinomie zwischen Parmenides und Heraklit, bedeutet:
(25) Das Absolute[111]
– die Masse-Gravitations-Polarität[112]
als Kontinuum – gibt es: als Eines oder Sein.
(26) Das Konkrete[113]
– der Materie-Energie-Gegensatz[114]
als Diskontinuum – existiert: als Vieles oder vereinzelt Da-Seiendes.
(27)
Ohne Selbstbewußtsein keine Aufsplittung in Geben und Existieren – sondern
undifferenziertes Sein.
(28) Das eine Sein wird durch
Bewußt-Sein zu vielen einzelnen Seienden verwirklicht[115] – und als erkanntes Sein zum Selbst,[116]
das sich in den vielen einzelnen Selbstbewußtseinen als jeweiliges Ich
realisiert.
Wie das (polare) Sein[117]
als (gegensätzliches bzw. widersprüchliches[118])
Seiendes[119]
realisiert ist, ist abhängig
1)
von der Wirklichkeit
des jeweiligen (Selbst-)Bewußtseins[120]
über seinen Moment und
2)
vom Gedächtnis des
(Selbst-)Bewußtseins als Speicher mit vergleichender Taktung und Erinnerung.
Beide sind – unabhängig[121]
von der Dauer des Momentes – dafür verantwortlich, daß Vereinzelung und
ihre Veränderung überhaupt wahrgenommen werden. [122]
Zur Gedächtnisleistung ist aber
nur Vereinzeltes in der Lage, da Erinnerung ja nur an anderes möglich ist[123]
– und an sich selbst, allerdings immer als Ich und dem anderen stets
Entgegengesetztem!
(29)
Erinnerung setzt die Subjekt-Objekt-Trennung immer schon voraus!
Daher ist es nicht möglich – wie
Dürr es tut – „der Welt“[124]
als ganzer oder einer Gedächtnis zuzuschreiben, da das Ganze sich nicht
erinnern könnte – woran auch? Was wäre dem Ganzen entgegengesetzt bzw.
außerhalb? Nicht einmal an sich selbst könnte sich das Ganze erinnern! Es wäre
„sich“ auch nicht als Ganzes gewiß, da die Begriffe „sich“ oder „selbst“ erst
dann Sinn und Inhalt erhalten, wenn etwas sich (!) als einziges Unverändertes –
nämlich als ein Ich! – dem veränderlichen anderen entgegensetzt!
(30)
Ich oder Selbst-(Bewußtsein) ist immer Entgegen-Setzung!
(31)
Die Welt muß sich – über Selbstbewußtsein – selber entgegen-setzen:
Das unveränderliche und daher
ewige Eine – wir haben es Masse-Gravitations-Kontinuum genannt – kann nur durch
das veränderliche und daher zeitliche Viele – wir haben es
Materie-Energie-Diskontinuum genannt – sein. Als Selbst erfährt und setzt es
sich im Ich.
Die scheinbaren Widersprüche, die
sich aus dem zweiwertig-logischen Denken ergeben, lösen sich daher in der
höherwertigen Logik der monistischen Sicht auf:
als Eines ist die Welt unverändert und ewig,
als Alles ist die Welt veränderlich und zeitlich,
als Ich von Selbstbewußtsein(en) erkennt die Welt sich
selbst.[125]
Voraussetzendes (= „Vehikel“)
dafür ist die Veränderung:
(32) Veränderung ist die Art
und Weise, wie Selbstbewußtsein das Eine (nur) als Alles erfahren kann.
Aber es gilt auch die Umkehrung:
(33) Veränderung ist die Art
und Weise, wie das Eine als Alles (nur) sein kann.
Daraus folgt:
(34)
Veränderung (= das Werden von Allem) ist die Identität von Selbstbewußtsein und
Einem als Alles.
Aus (32) ergibt sich, daß
Selbstbewußtsein (über seinen Moment) die Welt erst schafft. Aus (33) ergibt
sich, daß aufgrund der Veränderung die Welt erst wird.
(35)
Einerseits schaffen wir die Welt, andererseits schafft sie uns.
(36)
Keine Welt ohne Bewußtsein[126]
– kein Bewußtsein ohne Welt.[127]
Widersprüche treten nur im
zweiwertig-logischen Denken auf – dieses ist aber nur gültig für die rationale
Interpretation der Welt des Veränderlichen. Die irrationale (mystische,
monistische) Sicht der Welt erkennt zwar Gegensätze, vereinigt sie aber als Polaritäten.
(37)
Die Welt als Ganzes (das Eine) ist nicht veränderlich; und Nicht-Veränderliches
ist nicht-zeitlich – dauert nicht an, sondern ist ewig.
Veränderlich sind aber sehr wohl
die Vereinzelungen („Dinge“) der Welt – und alles Veränderliche ist nur
zeitlich erfahr- und begreifbar.
(38)
Die Welt als Vieles – das All(e) – ist sehr wohl veränderlich; und
Veränderliches dauert und ist somit – für Selbstbewußtsein – zeitlich.
Daher weisen wir der, uns nur als
veränderlich erfahrbaren Welt (durch simple Rückdatierung und -rechnung) gerne
ein Alter zu, wie jedem x-beliebigem Seienden. Nur ist die Welt kein einzelnes
Seiendes, sonder das Ganze aller Seienden …
Auf dieser Fehlinterpretation
basiert auch die Mär vom Urknall. „Im“ Urknall (oder mit jeder x-beliebigen
„Hypothese“ der Schöpfung) kippt die Welt aber von unserer veränderlichen in
die Singularität des Ewigen und Unveränderlichen. Da ewig und zeitlich einander
aber ausschließen (im dualistischen Denken), bzw. einander ergänzen (im monistischen
Denken!), wird jede Frage nach dem „Vor“ des Urknalls obsolet, logisch
widersinnig – aber leider immer wieder gestellt. Es wird eben nicht eingesehen,
daß ewig nicht „vor“ oder „nach“ der Zeit ist, sondern daß die Welt beides ist:
(39)
Die Welt ist sowohl ewig als auch zeitlich!
Die Welt ist nicht „in“ der Zeit,
sondern die Zeit ist „in“ der Welt – und zwar als Veränderung! Zeit ist „nur“
die Art und Weise, wie Selbstbewußtsein das Veränderte als Nacheinander ordnet.
(40)
Die Welt selbst verändert sich nicht: Sie ist aber durch Veränderung!
Fazit:
Es ist
das Bewußtsein, das aus der Einheit des Masse-Gravitations-Kontinuums die
Vielheit des Vereinzelten und Getrennten als veränderliches
Körper-Raum-Diskontinuum erlebt. Das rationale (!) Selbstbewußtsein
re-konstruiert im naturwissenschaftlichen Weltbild daraus die Polarität von
Materie und Energie.[128]
Es bedarf der Vereinzelung,
damit Bewußtsein überhaupt evolvieren kann und sich als Selbstbewußtsein selbst
(sic!) erkennt und als Subjekt weiß.
Läßt man die gegensätzlichen
Gedankengänge unverbunden bestehen, verbleiben sie als Widersprüche, von denen
– gemäß dem logischen Axiom vom ausgeschlossenen Dritten – einer richtig und
der andere falsch sein muß.[129]
Verbindet man die scheinbaren
Gegensätze zu polarer Einheit ohne Prioritätsanspruch (was ja auch widersinnig
wäre!), übersteigt man die zweiwertige Logik zur dreiwertigen – und der
Widerspruch ist eliminiert. Nicht notwendigerweise muß eines richtig und das
andere falsch sein – dafür sind beide wahr![130]
Eine Welt ohne Bewußtsein ist
gar nicht möglich, da Bewußtsein die Welt der Vereinzelungen immer erst
schafft. Genauso muß Vereinzeltes aber immer schon sein, um Bewußtsein zu
ermöglichen, das dieses Vereinzelte entweder – als Unerkanntes[131]
– „bloß“ erlebt, oder als Selbstbewußtsein subjektiv erkennt und schöpferisch
verändert.[132]
Conclusio: Bewußtsein hat es
„immer schon“ gegeben – es ist ewig.
Ich danke meinem Freund, dem
Physiker und Mathematiker Prof. Mag. Erwin Kohaut, für die Korrektur meiner oft
schludrig verwendeten physikalischen Termini – und für seine Beratung.
[1] Gibt es kein Subjekt, gibt es natürlich auch
kein Objekt … Was gibt es dann?
[2] Vorstellen kann sich nur ein Subjekt etwas:
nämlich etwas gedanklich vor-sich-hin-stellen. Wieweit Tiere das können,
ist eine ungelöste Frage – sie ist auch schwer überprüfbar, weil nicht
kommunizierbar …
[3] Gott gehört übrigens nicht zur Welt.
Angeblich hat er sie ja geschaffen: „Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde …“
(Gen. 1, 1) Die Welt ist also (S)eine
Schöpfung und daher eindeutig von „Ihm“ geschieden …
[4] Daß es auch anders geht, wissen wir aus den verschiedenen Praktiken der Ichüberwindung: Zwei davon sollten bekannt sein: die Liebe und die Meditation.
[5] Ob man unsere angebliche Ebenbildlichkeit Gottes
auch auf diese Weise interpretieren könnte?
[6] Die Aussage: „Was im Fernsehen (= in den
Nachrichten) nicht vorkommt, ist nicht passiert“, stimmt zu 100 Prozent. „Was
ich nicht weiß, macht mich nicht heiß“, ist ein etwas älterer Kalauer – aber
genauso wahr.
[7] „Wirklich“ leitet sich vom
Verb „wirken“ ab und meint, daß etwas auf uns wirkt.
[8] Diese Frage ist schon etwas heikler. Wie
„klingt“ ein Ton über 20 000 Herz? Wie „schaut“ Infrarot „aus“? Gar nicht – wir
nehmen diese Frequenz bekanntlich als Wärme wahr. Aber ein Hund zuckt beim
Ertönen der Hundepfeife (mit einer Frequenz von über 20 000 Herz) gehörig
zusammen … Und Ultraviolettstrahlung verschafft uns – unklug genossen –
Sonnenbrand und „schaut“ überhaupt nicht „aus“! Außer für Bienen …
[9] Wir nehmen auch Bakterien, Viren und
radioaktive Strahlung nicht wahr – aber alles wirkt auf uns; bis wir es merken,
ist es aber oft zu spät. Übrigens haben wir auch kein Sensorium für die
Gravitation. Was wir spüren, ist der Druck auf unsere Fußsohlen, wenn wir gehen
oder stehen …
[10] Welche Welt besteht jetzt weiter? Die des
Toten sicherlich nicht (wenn man nicht religiös ist) … Und die unsere ist ja
nicht die des Toten …
[11] Abermals: Welche Welt besteht weiter? Unsere
nicht – wir „sind“ ja tot … Und die Welten der anderen haben wir nie
kennengelernt; die waren selbst zu „unserer Lebzeit“ niemals die unsere … Nicht
einmal tot können wir sein … Tot sind wir nur für die anderen.
Wir selbst? Heidegger würde es formuliert haben: Wir nichten … Wir können über unseren
Tod nur sprechen, solange wir leben! Daher sind wir auch niemals tot!
Aber das nur so nebenbei …
[12] Schon wieder eine Fußangel: Für Tote gibt es
keine Zeit … Welches „dann“ also?
[13] Niemand weiß, ob die Farbempfindung weiß
(eigentlich eine Nicht-Farbe) von jemandem anderen genauso empfunden wird, wie
von einem selbst. Aber es ist ja egal: Hauptsache man ist sich einig, daß
frischer Schnee (meistens zumindest) weiß ist …
[14] Weil das Licht so
lange gebraucht hat, um von dort in unser Auge zu gelangen … von der Sonne zu uns
sind es nur 8 Minuten.
[15] Siehe das Eingangs-Statement. Die meisten
Theorien halten kaum 100 Jahre … die Photonen hat A. Einstein vor genau dieser
Zeit erfunden – und nicht etwa entdeckt.
Über die vorherigen Licht- und andere physikalische Theorien siehe auch
Wolfgang Tschirk: „Vom Universum – eine Geistesgeschichte der Physik“,
Wien–Klosterneuburg 2006
[16] „Handeln“ meint eigentlich immer schon
„sinnvolles Tun“. Also handeln Entmündigte gar nicht – sie tun
bestenfalls etwas, und zwar für Nicht-Entmündigte meistens Sinnloses. Aber eben
nur meistens …
Manches Mal fällt die Unterscheidung bzw. Zuordnung gar nicht so leicht …
[17] die Welt unterhalb unserer natürlichen
optischen Auflösungsgrenze.
[18] die Welt außerhalb unserer Erde: die Welt der
Himmelskörper.
[19] Unsere Sinneseindrücke sortieren nicht in
einzelne … das tun erst wir mit Hilfe unserer Erfahrung! Die Sinneseindrücke
sind ein ungeordnetes, rohes „Material“, aus dem erst wir die Dinge „formen“!
Amnesie ist eine Krankheit, die die Sinneseindrücke nicht mehr auswerten und
zuordnen (= wahrnehmen) kann. Ein solcher Kranker erkennt nichts und
niemanden mehr … er hat sein Gedächtnis verloren!
[20] Realisiertes (also für uns wirklich
Gewordenes) muß möglich gewesen sein – Unmögliches hingegen kommt
niemals zur Realisierung (und für uns: zur Verwirklichung). Wer aber
sagt uns, was möglich und was unmöglich ist? Bis zum jeweiligen Geschehen (=
Eintreten) nur unsere Erfahrung … allerdings wird es viereckige Kreise niemals
geben. Das aber ist ja auch „nur“ ein Definitionsproblem …
[21] Wir halten nochmals fest: Nur Mögliches kann
realisiert werden. Und nur Realisiertes wirkt auf uns sinnlich!
[22] Auch diese Phrase entstammt
„Vor-uns-Hingestelltem“ …
[23] Das wäre natürlich absurd, da man sich bei
„Betrachtung“ des Urknalls außerhalb desselben befände, was (weil wir immer
Teil des Universums sind) widersprüchlich wäre … Wir sehen schon: Es ist zwar
unmöglich, sich außerhalb des Universums (mit oder ohne „Urknall“) zu befinden,
aber wir können diese Unmöglichkeit in Form eines (falschen) Bildes
phantasieren. Realisiert kann es nicht werden – weil unmöglich. Bilder sind
eben geduldig – und die Realität?
[24] eigentlich: … alle erdenklichen Grenzen: „Gott“ mag
ja alles sein – aber „Er“ ist kein einzelnes. Nur einzelnes (Realisiertes) kann
aber vor-gestellt werden … Das fehlte uns
gerade noch: ein realisierter (also vereinzelter, ausgedehnter, begrenzter,
endlicher, veränderlicher!) Gott! Aber bitte: Wer „Ihn“ so braucht …
[25] schon wieder ein Begriff aus der Dingewelt …
[26] von wem eigentlich?
[27] In Zeiten der Vogelgrippe kann eben auch
durchaus Handfestes und Natürliches sehr schnell zu einem Symbol für etwas
(ganz anderes!) mutieren …
[28] (Sinnlich) erfahren kann überhaupt nur
Endliches werden! Und sogenannte „geistige“ Erfahrungen (angebliche
„Gotteserfahrungen“ etwa) sind immer an sinnlich Erfahrenem festgemacht bzw.
von ihm initiiert. Auch alle Gefühle benötigen zu ihrer Auslösung sinnliche
Erfahrung. Wer liebt schon ein Phantom? Daher brauchen Leute, die Gott „lieben“
(oder auch bloß an ihn „glauben“), ihn als „reale“ „Person“ …
[29] Daher konstruieren moderne Kosmologen heute
auch schon „Vor-Urknall-Zustände“ und die dafür nötigen „Hyperzeiten“, bzw.
„Hyperräume“, in denen die Multiversa nur so herumkugeln …
[30] Wer jemals nachts in einer Schiffsinnenkabine
aufgewacht ist und sich nicht augenblicklich erinnert, wo er sich befindet, wo
sein Bett steht und wo das Klo ist … die Panik überfällt uns … Kinder ängstigen
sich ohnedies vor der Dunkelheit – die Industrie hilft dem u. a. mit Steckdosennachtlichtern
ab …
[31] Wer keine Sinnesreize empfängt, fantasiert sie
sich zurecht – nach einiger Zeit wird er ver-rückt …
Aus tiefen Bergwerken Gerettete haben darüber ausführlich berichtet … Studenten, die sich – freiwillig – in mit Sole
gefüllte, abgedunkelte und absolut schalldicht gemachte Tanks legen, um
keinerlei Sinnesreize zu erfahren, beginnen nach einiger Zeit zu halluzinieren … Alle solche Versuche müssen nach einiger Zeit
abgebrochen werden!
[32] Genaueres über den Raum (was er ist, und was
nicht) in: Kohaut/Weiss, „Universum und Bewußtsein –
philosophisch-physikalische Gedanken zur Welt“, z. B. S 129 f. und S 162 ff.,
Wien–Klosterneuburg 2004
[33] „Ein“ Eines ist ein Pleonasmus: Eines alleine
schließt (alles) andere aus … Es ist höchst interessant, daß wir darüber so
schwer reden können: Wir sind es gewohnt, alles zu quantifizieren – kein
Wunder: Unsere Erfahrung ist die des Vielen und Mannigfaltigen! Daher kommen
wir mit dem einen (!) Universum auch so schwer zurecht
… Und das All-Eine entzieht sich ohnedies jeder Vorstellung – und den
meisten auch ihrem Denken.
[34] Wahrlich ein seltsames
„wirklich“, das nicht wirkt …
[35] Genaueres über die Zeit in: Walter Weiss,
„Einstein und mehr – Information, Kausalität, Quanten, Multiversa und die
Unendlichkeit“, S 61 ff,
Wien–Klosterneuburg 2005
[36] Wir haben bewußt „seiner Körper“ geschrieben
und nicht „der Körper in ihm“. Körper und Raum sind immer eine Einheit: Das
eine wäre nicht ohne das andere. Man kann die Körper auch nicht aus „ihrem“
Raum nehmen, wie die Milch aus der Flasche gießen. Milch und Flasche gehören
nämlich nicht wesentlich zusammen – Körper und Raum aber schon. Diese Einsicht
ist ganz wichtig für das weitere Verständnis dieser Arbeit! Ihre Conclusio
beruht nämlich auf dieser Grundwahrheit!
[37] real = unabhängig von wahrnehmendem
Bewußtsein; wirklich = wie Bewußtsein Reales erfährt.
[38] Siehe auch das Eingangsstatement zu diesem
Kapitel bzw. dieser Arbeit
[39] Die Gravitation ist eines der ungelösten
Rätsel der Physik. Das vorliegende Buch will ja dazu beitragen, es zu lösen …
[40] Voraussetzungen können nicht überprüft werden!
Sie werden – wie der Name schon sagt – einfach gesetzt. Aufgrund einmal
gewählter Voraussetzungen (z. B.: „Messen, was meßbar ist, und meßbar machen,
was nicht meßbar ist“ – Galileo Galilei übrigens …) kann dann allerdings
überprüft werden: Man muß sich dabei nur an seine Voraussetzungen halten … Die
Mär vom Urknall widerspricht z. B. allen (!) Voraussetzungen der Physik!
[41] Eigentlich ist die Verwendung
dieses Terminus unlauter: Hypothesen sind Vorstadien von Theorien; und Theorien
sind nur solche Gedankenkonstrukte, die sich in der Praxis auch überprüfen
lassen. Die „Realität“ kann aber niemals überprüft werden; jede Überprüfung
„hebt“ ja die Realität sofort in unsere Wirklichkeit … Wäre die Annahme einer Realität eine
naturwissenschaftliche Hypothese, so müßte sie, wenigstens im Prinzip,
falsifizierbar sein; da sie es aber nicht ist, handelt es sich dabei um keine
Hypothese, sondern bestenfalls um eine (philosophische) Annahme …
[42] Die „Realität“ kennt keine
Wahrnehmungsgrenzen; wir setzen sie unserer Wirklichkeit und damit unserer
Wahrnehmung schlicht voraus. Über Voraussetzung siehe auch Anmerkung 40.
[43] Deshalb waren ja in vielen Kulturkreisen die
Sterne „Seelen“ von Verstorbenen; oder „Löcher“ im Himmelsgewölbe, durch die
das „Urfeuer“ schimmerte. Und der Entdecker der Bazillen, der deutsche Arzt
Robert Koch (1843–1910), wurde von seinen Widersachen – anfänglich – als
verrückt erklärt … 1905 erhielt er dann doch den Nobelpreis. A. Einstein klagte
bekanntlich, daß er zwar von allen verehrt, aber von niemandem verstanden werde
… Die Reaktionen auf unsere vorliegende Arbeit können wir uns gut vorstellen …
[44] In der Regel werden sie als Art „Seifenblasen“
in einem „Hyperraum“ dar- und vorgestellt … Derartige „Vorstellungen“ sind
natürlich nicht einmal Hypothesen, sondern reine Spekulation und völlig
unwissenschaftlich … Jeder weitere Kommentar dazu erübrigt sich.
[45] Wir haben darauf schon weiter oben an den
Beispielen „Menschheit“, „Universum“ und „Gott“ bezug genommen. Auch bei den
Begriffen „Raum“ und „Zeit“ …
[46] Die Höflichkeit gebietet uns, nicht von
„pseudowissenschaftlich“ zu schreiben.
[47] Eigentlich wollen wir es nicht; aber es fällt
uns immer wieder dazu das „Spektrum der Wissenschaft“
ein.
[48] Dies ist durchaus auch im konfessionellen
(religiösen) Sinn gemeint: Auch dort gilt als „Glaube“ eine Überzeugung, die
keinerlei Beweise mehr bedarf; ein Bekenntnis bedarf eben keiner Überprüfung mehr!
[49] Man beachte in diesem Zusammenhang auch noch
die Raum-Körper-Problematik und unsere oben angestellten Überlegungen zum Raum
und dem Auseinander der Dinge. Für ein Neutrino (übrigens ein Produkt unserer
Wirklichkeit!) gibt es nahezu weder Raum noch Dinge:
Ein Neutrino mit einer Energie von 1 GeV (= Gigaelektronenvolt) durchquert mit
99,99% Wahrscheinlichkeit unbehindert die Erde. Die Wechselwirkung von
Neutrinos mit Materie ist also äußerst gering: die Wirkungsquerschnitte
betragen zwischen 10-45 cm2 und 10-36 cm2.
[50] Notwendiges geschieht immer unverursacht.
Ursachen sind immer und nur Konstrukte unseres Selbstbewußtseins – aufgrund
unserer Erfahrung! Nur in der Wirklichkeit gibt es daher Ursachen. Da unsere
re-konstruierte Realität aufgrund ihrer Re-Konstruktion natürlich immer schon
Teil unserer Wirklichkeit ist, scheuen wir uns daher auch nicht, in ihr
wirkende Ursachen zu behaupten …
[51] Man erinnere sich an das „Geschehen“ einer
abgefeuerten Gewehrkugel. Hörten wir den Schuß nicht und trifft sie uns nicht
(und auch niemanden anderen), findet ihr Flug – für uns – überhaupt nicht
statt. Was sind also „Tatsachen“? Erst aufgrund eines Einschußlochs oder nach Auffinden des
Projektils schließen wir auf den Schuß … Findet also etwas statt, das für uns
nicht stattfindet? Wie schlüssig sind unsere Schlüsse? Sind unsere Erklärungen
immer richtig – und entsprechen sie den „Tatsachen“?
[52] Der Wiener Physiker Herbert Pietschmann (geb.
1936) in seiner Diskussionsgrundlage für die
Philosophisch-naturwissenschaftliche Arbeitsgemeinschaft vom 30. April 2005
(ergänzt und erweitert nach der Diskussion vom 9. Jänner 2006) dazu: „Wir sehen
nicht, was ist, wir sehen, was geschieht. Auch wenn nichts
geschieht, sehen wir, daß nichts geschieht – und nicht das Sein!“
[53] Das macht sich – bei uns verbotene! – Werbung
zunutze: Indem man in Filmsequenzen nur ein paar wenige Kader einschmuggelt,
die irgendein Produkt bewerben. Wir nehmen diese (weil nicht ins Geschehen
eingebunden, also nicht „verschmiert“) bewußt nicht wahr, registrieren sie im
Unbewußten aber doch (sie haben ja 1/16 Sekunde lang auf uns eingewirkt!). Der
Manipulation ist dadurch Tür und Tor geöffnet … Unser Moment von 1/16 Sekunde
bringt uns also nur in einer sinnvollen (!) Folge bewußte Wahrnehmung! Daß auch
unbewußt Auf- (aber nicht: Wahr-)genommenes uns beeinflußt, zeigt, daß die
„Seele“ tatsächlich ein „weites Land“ ist (Arthur Schnitzler) …
[54] Hans Peter Dürr, geboren 1929 in
Stuttgart, Univ. Prof. für Physik, Geschäftsführender Direktor des
Max-Planck-Instituts für Physik und Astrophysik und des
Werner-Heisenberg-Instituts für Physik, Stellvertretender Geschäftsführender
Direktor des Max-Planck-Institutes für Physik (Werner-Heisenberg-Institut).
[55] Virtuelle (= mögliche,
„krafttragende“) Quanten genügen der Energie-Zeit-Unbestimmtheit, und ihre Existenzdauer
nimmt daher mit zunehmender Energie der Quanten ab. Die Planck-Zeit ist die
laut herrschendem physikalischen Weltbild kürzest meßbare bzw. überhaupt
mögliche Dauer von Seiendem und dauert 10–43 Sekunden. Dabei
markieren Planck-Einheiten eine Grenze für die Gültigkeit der bekannten
Gesetze der Physik. Man geht davon aus,
daß für Distanzen kleiner als die Planck-Länge (ca. 10-35 m)
und Dauern kürzer als die Planck-Zeit Raum
und Zeit ihre uns vertrauten Eigenschaften als Kontinuum verlieren. Jedes Objekt, das kleiner
wäre als die Planck-Länge, hätte aufgrund der sog. Unschärferelation
so viel Energie bzw. Masse, daß es zu einem Schwarzen Loch kollabieren würde. Virtuelle Quanten verletzen diese
Unschärferelation nicht, sind aber auch nicht (experimentell) nachweisbar – sie
„existieren“ ja nicht! Sie verbleiben ein hypothetisches (eigentlich:
spekulatives) Produkte des quantentheoretischen Standardmodells und dürften
daher (aufgrund der eigenen naturwissenschaftlichen Methodik) nicht
„Gegenstand“ der Physik sein … Quantentheoretikern wird das allerdings egal
sein – sie setzen sich über so manches hinweg …
[56] Über die Realität von Quanten läßt sich
trefflich argumentieren. In unserem Sprachgebrauch und nach unserem Verständnis
(Kohaut/Weiss) sind Quanten re-konstruierte Bilder, in der Quantenphysik
konstituieren sie die Realität. In beiden Sichten können sie nicht real sein:
als Bilder sind sie ohnedies nur Vorgestelltes und Entwurf unserer Wirklichkeit;
als die Realität angeblich erst Konstituierende können sie selbst nicht schon
real sein! Siehe auch „Teleportation – EPR-Phänomen – Bells Theorem“ in: …..
bzw. Kapitel …. in diesem Buch.
[57] Da Quanten nur Zustände, aber keine
Eigenschaften haben, könn(t)en sie sich nicht verändern. Etwas, das aus nichts
mehr weiterem „besteht“ (Quanten gelten den Physikern bekanntlich als
„Elementarteilchen“), verfügt über keine Struktur, und kann diese – was sonst
auch? – nicht verändern! Etwas, das sich nicht verändert, ist aber nicht
realisiert, und Nicht-Realisiertes hat keinen Raum … Also gibt es für Quanten
nicht einmal Ortsveränderung, was die Quantenphysiker sicherlich freuen wird …
[58] Um „knapp daneben“ und „gleich wieder“
entstehen zu können, bedarf es bereits eines (beobachteten!) Hintergrundes und
der Zeitmessung (die immer schon Selbstbewußtsein voraussetzt)! Es handelt sich
hier also nicht um eine Aussage über die Realität, sondern über unsere Wirklichkeit! Wir können
nicht oft genug hinweisen, daß sich über die Realität (fast) nichts aussagen
läßt, ohne sie als re-konstruierte sofort zu unserer Wirklichkeit zu machen!
[59] Das natürlich – wie jedes Bild! – ein
anthropomorphes ist. In der Natur selbst gibt es keine Bilder; „Dort“ ist alles
so, wie es ist: simpel „an sich“. Bilder hingegen sind (nur) „für uns“!
[60] ) in: „Ein neues Welt- und Menschenbild“,
Vortrag beim 8. Wiener Kulturkongreß „Horizonte der Forschung – An den Grenzen
des Menschen“, abgedruckt in „Conturen“ 01/03, S 84–85,Wien 2003.
[61] Deutlicher könnte man die Re-Konstruktion der
Realität gar nicht aufzeigen!
[62] Wir können nicht oft genug darauf hinweisen,
daß ein Bild niemals das Abgebildete ist!
[63] verneinen; etwas, das da ist, sich wegdenken
oder -wünschen. Die Verneinung ist „die“ Methode der Vernunft! Ohne Negation
keine Möglichkeit vernünftigen Denkens!
[64] (Total-)Abstraktion: Die Fähigkeit, von
Gegebenem (dem „Konkreten“) Unwesentliches wegzudenken, abzuziehen (lat.:
abstrahire). Denken wir vom Seienden sein Da-Sein weg
– „bleibt“ Nichts „übrig“ … Natürlich „bleibt“ es weder (es darf ja nicht
andauern), noch gar „übrig“ (da wäre ja noch ein Rest von Sein vorhanden) … Die
Sprache sperrt sich eben, wenn sie Nicht-Seiendes ausdrücken oder gar
beschreiben soll!
[65] Das sieht Herbert Pietschmann
freilich anders, wenn er schreibt: „Damit überhaupt etwas ist, muß es
Unterschiede geben. Zumindest den Unterschied von Sein und Nichtsein.“ (a. a.
O.) Nach unserer Sicht (Kohaut/Weiss) ist dies nicht so bzw. verwirrend: Existierende
Unterschiede konstituieren zwar das Sein der Seienden, nicht aber das
Nicht-Sein. Nicht-Sein ist nur begrifflich vom Sein unterschieden, nicht
aber existentiell: Es kann ja gar nicht sein – und schon gar nicht
existieren: Dazu bedürfte es der Vereinzelung! Nicht-Sein (oder Nichts) gibt es
„bloß“ als maximale Abstraktion unseres Bewußtseins als Begriff. Abstraktion
schafft aber nicht Existenz! Wohl aber schafft Potenz (oder Potentialität)
Existenz! Potenz (oder Potentialität) ist aber nicht vom Sein geschieden,
sondern das Seiende Ermöglichende … Mehr darüber in „Universum und Bewußtsein“,
a. a. O.
[66] Sogar die Singularität des Urknalls (die Mär
der „Urknaller“) wäre nicht nichts, sondern letztlich alles. Auch das Vakuum
der Physik ist nicht nichts: „Aus“ „ihm“ „entstehen“ und „in“ „es“ „hinein“
„vergehen“ bekanntlich die virtuellen Quanten … Das Nichts der Physik ist also
höchst potent, der „Horror vacui“ somit berechtigt („ … weil nicht sein kann,
was nicht sein darf.“ Wilhelm Busch)
[67] vom lat. „absolvere“ – loslösen; das Absolute:
das von allem Konkreten befreite, das Losgelöste. Als Nicht-Einzelnes ist es
nicht vorstellbar!
[68] Mögliches als Nicht-Seiendes (aber nicht
nichts!) ist natürlich ununterschieden und dauert daher auch nicht: Es ist –
als reine Potenz – für uns völlig unvorstellbar und auch nur als solche zu denken.
[69] … die (wie die Realität übrigens auch!) völlig
unerfahrbar ist. Die Aussagen, die wir in dieser Arbeit über sie machen werden,
können also nicht erfahren werden (erfahren können wir nur Wirkliches!), sonder
ergeben sich aus reinem Nachdenken, Notwendigem folgend …
[70]
In den Religionen wird
diese „Richtung“ der Voraussetzung übrigens als „Schöpfung“ bezeichnet – und im
(falschen) Dualismus das Mögliche als (von „seiner“ Welt getrennter) „Gott“.
[71] diesen grammatikalischen Fehler wollen wir nur
aufzeigen, aber nicht bewerten: „richtig“ ist nicht steigerbar!
[72] Über diese Mißinterpretation der
Einsteinschen Feldgleichungen haben wir in Kohaut/Weiss „Universum und
Bewußtsein“, und habe ich (Weiss) in „Einstein und mehr“, beide a. a. O.,
ausführlich berichtet.
[73] Körper ist jede zusammengesetzte
Vereinzelung von Masse; Energie ist nicht vereinzelte Masse.
[74] Auch Elektronen sind nur ein
Entwurf unserer Phantasie: vereinzelte „Elementarteilchen“, die ununterscheidbar,
aber viele sind. Das ist – nach Leibnizens „Prinzip der Identität des
Ununterscheidbaren“ –unmöglich, da alles Vereinzelte zu allem anderen
unterschiedlich sein muß. Unterschiedlicher Ort allein genügt nicht! Außerdem
schmuggeln wir mit der Erfindung von Elektronen bereits unsere Wirklichkeit (=
die nur aus Vereinzeltem besteht) in die Realität, indem wir sie
re-konstruieren. Dürr selbst schreibt an anderer Stelle nicht mehr von Materie,
sondern von Informationsfeldern, Führungsfeldern, Erwartungsfeldern … Und er
bewertet es selbst sarkastisch: „Das war selbstverständlich eine verwirrende
Vorstellung.“
[75] Fundamentalteilchen sind per
definitionem unteilbar. Alles Ausgedehnte muß aber teilbar sein, sonst wäre es nicht ausgedehnt: Es besteht ja aus Teilen:
Molekülen, Atomen, Elektronen, Protonen, Neutronen, Quarks … bis auf die
Moleküle alles Konstrukte unserer Vorstellungsgabe! Nicht-Ausgedehntes ist aber
auch nicht vereinzelt, hat keinen Abstand zu „anderem“ Nicht-Ausgedehntem und
existiert daher auch nicht – es ist raumlos. Andererseits hat ein Quant aber
Masse (ein Photon hat keine Ruhmasse!) … Masse setzt aber Raum voraus! Was ist
daher „ein“ Quant? Gibt es Quanten überhaupt als Vereinzelte? Wohl gibt es sie
eher nur als Bild oder Konstrukte – und (gedankliche) Bilder (= Phantome)
benötigen tatsächlich keinen (physikalischen) Raum … Quanten als vereinzelte
scheinen eher nur Erfindung theoretischer Physiker zu sein. Ob uns diese jetzt
für diese Mutmaßung sehr lieben werden?
[76]
Erdbahnumfang dividiert durch
Erddurchmesser ≈ 70 000. Diese 70 000 gelten allerdings nur für
die Erde; für den Mond gilt eine andere Wahrscheinlichkeit und für beide
zusammen erst recht.
[77] Das entspräche im religiösen
Denken wohl der Metapher „Gott“ …
[78] Existenz: örtliches und zeitliches Da-Sein von
Vereinzeltem, das andauert und sich verändert
[79] unter Hinzurechnung relativistischer Effekte
hätte diese Kugel sogar einen Durchmesser von 80 Milliarden Lichtjahren …
[80] Warum dieser Wert? Darauf gibt es
unterschiedliche Antworten. Die heute am meisten transportierte (und sicherlich
falsche), ist die Mär vom Urknall … Ausführlich hat dieses Thema Erwin Kohaut
in „Universum und Bewußtsein“ (a. a. O.) behandelt.
[81] Schwache und starke Wechselwirkung als
Kernkräfte, Elektromagnetismus und – leider falsch im herrschenden Kräftekanon!
– Gravitation. Wie wir im Zuge dieser Arbeit/dieses Buches zeigen werden, ist
Gravitation keine Wechselwirkung!
[82] Damit erklären wir uns jetzt nicht
zu Anhängern der Urknall-Mär. Ein solcher ausdehnungsloser Punkt ergäbe sich
allerdings aufgrund unseres Gedankenexperimentes. Wie wir gleich sehen werden,
ist ein solcher ausdehnungsloser Punkt aber gar nicht möglich …
[83] ohne Körper kein Raum, keine Veränderung,
keine Zeit, kein „längst“ … Natürlich auch kein Selbstbewußtsein, das ja – um
überhaupt Selbst sein zu können – stets (!) anderes außer sich benötigt!
[84] So paradox diese Formulierung auch ist – und
die Grammatik vergewaltigt: Genau das wird insinuiert, wenn in
pseudowissenschaftlichen Magazinen (z. B. „Spektrum der Wissenschaft“) der
„Urknall“ bildlich dargestellt wird. Dann hockt der Betrachter wie weiland
„Gott“ außerhalb des Universums, und sieht zu, wie es entsteht. Daß der
Beobachter immer schon Teil des Universums ist, wird verschwiegen … Aber bitte …
[85] Es sei denn, man spielte dieses Verwirrspiel
weiter, indem man einen „Hyperraum“ mit mehreren Universa (= Multiversa)
einführt. „In“ dem „schwebten“ dann die Multiversa wie Seifenblasen … Auch gut.
Und „worin“ wäre dann dieser Hyperraum mit seinen Seifenblasen „eingebettet“?
Unsinn ist eben grenzenlos …
[86] Wir können uns bekanntlich nur Vereinzeltes im
Raum (wo sonst?) vorstellen … Wenn es in
unserem Gedankenexperiment nichts Vereinzeltes (und daher auch keinen Raum)
gibt: Was wäre da vorzustellen? Wie „sähe“ etwas Unvorstellbares aus?
[87] Photonen haben zwar aufgrund ihrer Energie ein
Masseäquivalent, sind aber keine materiekonstituierenden Teilchen!
[88] Erst durch Perzeption
(Sinneswahrnehmung) ist Bewußtsein! Es sei an die Deprivationsversuche
erinnert …
[89] Es gibt nur endliche Dauer: Nur
Seiendes ist von Dauer – und Seiendes ist immer endlich. Das Universum besteht
– zumindest teilweise – aus vielen solchen endlichen Seienden, ist als Ganzes
(!) aber natürlich nicht in diesem Sinn „seiend“, sondern ewig!
[90] Dies gilt für Selbstbewußtseine.
(Tierische) Bewußtseine erleben ebenfalls Vereinzeltes und Kräfte – aber sie
re-konstruieren aus ihrer Wirklichkeit keine Realität. Sie leben unmittelbar –
während wir über unser Mittel der Vernunft unsere Wirklichkeit immer erklären
müssen. Ob Tiere und Neugeborene ihre Welt als diskontinuierlich erleben,
werden wir wohl niemals erfahren. Auch wir reagieren – z. B. beim Autofahren –
oftmals automatisch, und erleben unsere Reaktionen nicht bewußt; das ist oft
besser, als müßten wir erst darüber nachdenken, was wir jetzt tun sollten …
[91] Das nämlich ist des Pudels Kern: Unsere
Realität ist eine von uns konstruierte! Daß wir sie als von unserem Bewußtsein
unabhängig vorausgesetzt denken, ist, gelinde gesagt, sehr kühn …
[92] Wir kennen das nur von uns – und führen es auf
unsere Vernunft zurück. Allerdings sollten andere vernunftbegabte Wesen
(„Aliens“) genauso vorgehen und ihrem Moment (und ihrer Wirklichkeit) adäquate
Realitäten konstruieren … Tieren sprechen wir diese Fähigkeit ab … Bei
Bonobos, Gorillas, Schimpansen, Delphinen und einigen anderen Arten sind wir
uns allerdings nicht mehr so sicher … Haustierbesitzer sprechen ihren Lieblingen
ohnedies menschliche Eigenschaften zu
… Es soll nichts Ärgeres passieren …
[93] Wir bedürfen – nach dieser Einsicht – also
nicht einmal mehr des Kantschen Konstruktes des „Dings an sich“!
[94] „Wenn alles relativ wäre, gäbe es nichts, wozu
es relativ sein könnte.“
[95] Dies ist kein Widerspruch, sondern eher eine
Ergänzung: Das Absolute der Polarität Masse–Gravitation ist ja nicht erfahrbar.
Erfahrbar ist nur ihre relative Erscheinungsform von Materie und Energie. Und
was wir an der Gravitation erfahren, ist nur deren relative Erscheinungsform
als „Schwerkraft“ der jeweils uns beeinflussenden nächsten Masse(n) – in
unserem Fall die Erdbeschleunigung g. Und die beträgt 9,81 m/s2.
[96] Bei einem Moment z. B., der länger wäre, als
lichtemittierende bzw. reflektierende Vereinzelte existierten … Oder bei
hypothetischen Tiefseewesen mit Vernunft …
[97] Wir können nicht oft genug darauf hinweisen,
da dies eine Setzung Einsteins war!
[98] „Absoluta“ als Plural sind natürlich eine
grammatikalische Vergewaltigung. Die Formulierung meint aber auch nur, daß jede
(re-konstruierte) Realität ein ihr adäquates Absolutes haben muß! Alle diesen
„relativen Absoluta“ der vielen re-konstruierten Realitäten – die ihnen
vorausgesetzten unterschiedlichen Wirklichkeiten können naturgemäß nicht
miteinander kommunizieren, was den Widerspruch des Absoluta-Plurals relativiert
– sind natürlich ihrerseits relativ zum Absoluten des
Masse-Gravitations-Kontinuums. Die Sprache sperrt sich eben bei Unanschaulichem
…
[99] Wir haben bereits darauf hingewiesen, daß wir
diese Vierheit für falsch halten. Die Gravitation – siehe die vorliegende
Arbeit bzw. das vorliegende Buch – ist keine Wechselwirkung!
[100] Wir haben – laut Herbert Pietschmann – gar
kein Sensorium für die Gravitation; und für die Masse ohnedies nicht. Letzteres
hätte ohnehin noch niemand behauptet … Was Masse „ist“, ist – wie Gravitation – in der Physik übrigens
völlig ungeklärt. Beides sind bloße Rechengrößen mit den Symbolen „m“ und „g“ .
Letzteres hat sogar eine (gemessene) Konstante: die Gravitationskonstante „G“.
Sie wird mittels einer Drehwaage ermittelt (bereits 1798 von H. Cavendish) und
beträgt 6,672. 10-11 Nm2kg-2 … auf der Erde.
Von uns ermittelte Naturkonstanten für im gesamten (uns bekannten) Universum
gültig zu erklären, ist, gelinde gesagt … nun gut: anthropomorph.
[101] Die vorliegende Arbeit z. B. ist eine solche neue Re-Konstruktion: Wir halten das vorherrschende physikalische (aber auch philosophische) Weltbild für reformbedürftig, das religiöse nur für jene, die „Sinn“ in einem solchen finden, nötig und verweisen auf den Ausspruch des Marquis Pierre-Simon de Laplace (1749–1827), als Napoleon ihn nach Gott befragte. Laplace antwortete: „Sire, diese Hypothese benötige ich nicht.“ Laplace´s Hypothese des rigiden Determinismus ist mittlerweile Geschichte, der „Laplace´sche Dämon“ tot – wie Nietzsches Gott auch … und hoffentlich auch der Glaube an eine absolute Realität!
[102] „Erkennen“ in diesem Sinn meint kein
vernünftiges, sondern ein Reagieren-Können; dafür ist auch „bloß“ Bewußtsein
(z. B. der Tiere) nötig. Selbstbewußtsein ist „ein wenig“ mehr: Es ist Bewußtsein,
das sich weiß – und dieses Sich-Wissen (= des Selbst als Ich) bedarf
bekanntlich des Mittels (= Vehikels) der Vernunft – also des Warum-Fragens“.
Eine so kurze Definition von (Selbst-)Bewußtsein und Vernunft – und das in
einer Fußnote versteckt … laudeamus igitur.
[103] Um Bewegung zu erkennen – diesmal als Subjekt!
–, bedarf es immer der Dreiheit Subjekt – Bewegtes – Hintergrund (bzw. eines
dritten Bewegten; siehe auch spezielle Relativitätstheorie, in der es nur
gegeneinander Bewegtes gibt, und das beobachtende Subjekt einem der bewegten
Systeme angehört).
[104] Alle Vielheit und Veränderlichkeit
des Seins, also das Werden, wird geleugnet und alles auf Eins zurückgeführt.
Sein bedeutendster Schüler ist Zenon von Elea
[105] „Alles fließt“ – „panta rhei“. „Man
kann nicht zweimal in denselben Fluß hinabsteigen.“ „Der Krieg (der Gegensätze;
Ergänzung von den Autoren) ist der Vater aller Dinge.“
[106] als reines Denkwerkzeug – das „Organon“ des
Aristoteles
[107] siehe auch Fußnote 54
[108] ein solcher setzt Bewußtsein immer schon
voraus!
[109] aber nicht „realisiert“! Dies würde unsere
ganze vorliegende Arbeit über den Haufen werfen. Erst was wir aus dieser nur verwirklichten Veränderung als
angebliche Realität re-konstruieren, ist es ja, was uns so verwirrt: Ohne
Gedächtnis, das nur ein wirkliches (!) ist, können wir Veränderung nicht
erklären … wir verstricken uns in der (Zenon´schen) Logik …
[110] „Das ist des Pudels Kern“ (Goethe): Können wir
uns artifizielles Gedächtnis (AI = Artificial Intelligence) vorstellen? Wir
können sie uns wünschen … Unsere Computerspeicher sind ja nur, was ihr Name
schon sagt: (Daten-)Speicher. Zeit (= Nacheinander)
finden wir in ihnen nicht … und ein Computer hätte sich noch an nichts
erinnert; er re-agiert nur nach so und so vielen Bits (= Takten) mit dem
Addieren einer Einerstelle in der Datumsanzeige und stellt z. B. auf Sommerzeit
um. Erinnerung? Auch „Vergleiche“ (= Ähnlichkeiten) funktionieren nach dem
gleichen Schema: Wie viele Bits (und welche!) sollen gleich sein …
(computerisierte Gesichtserkennung z. B.; Bush sei Dank …)
[111] das von allem Abgelöste
[112] Polarität meint hier Zweiheit in der Einheit –
also Dreiheit oder Trinität bzw. Triade: Ihm entspricht das Tao (Dau) des Lao-Tse (Laudse); es wird grafisch dargestellt
durch das taoistische Yin-Yang-Symbol.
[113] das dinglich Seiende
[114] Im Monismus ist dieser Gegensatz Polarität –
im Dualismus (der Naturwissenschaft) Widerspruch. Diese Arbeit versucht, den
(dualistischen) Widerspruch zwischen Polarität und Widerspruch (!) monistisch
als (bloß für das Selbstbewußtsein bestehenden!) Gegensatz aufzulösen.
[115] Tiere – behaupten wir – leben unmittelbar
(unser Mittel ist die Vernunft); für sie gibt es keine Aufsplittung in
Wirklichkeit und Realität; Tiere stellen keine Theorien über (re-konstruierte)
Realitäten auf!
[116] ohne Selbstbewußtsein natürlich auch keine
Splittung in „geben“ und „existieren“. Nicht einmal das Sein wird (dem Tier)
bewußt – (tierisches) Bewußtsein re-agiert „bloß“ lernend auf die Umwelt; nur
Selbstbewußtsein lebt in (s)einer Mit-Welt!
[117] Wir haben es oben als „Kontinuum“ oder (in
Anlehnung an Hegel, 1770–1831) als „Absolutes“ bezeichnet.
[118] abhängig von der Sicht: monistisch oder
dualistisch!
[119] Wir haben dies als „Diskontinuum“ oder
„Konkretes“ bezeichnet.
[120] Die Klammersetzung von „Selbst“ soll anzeigen,
daß dies sowohl für Selbst- als auch für Bewußtseine gleichermaßen gilt. Nur
Selbstbewußtsein bildet Begriffe, weiß sich und re-konstruiert Realitäten.
[121] Das ist
kein Druckfehler: Daß es als Vereinzeltes wahrgenommen wird, ist
tatsächlich von der Dauer des Momentes unabhängig. Nur wie bzw. was
als Vereinzeltes wahrgenommen wird, ist von der Dauer dieses Momentes abhängig!
[122] H. P. Dürr geht einen anderen Weg: den Weg des
(klassischen) Physikers, indem er „kleinste Entitäten“ kreiert, unverändert
Demokrit (ca. 460–370 v. Chr.) und seiner Atomtheorie verpflichtet, der sich
bis heute die Naturwissenschaften unterwerfen und Unsummen für Synchrotrone
ausgeben, um „Teilchen“ zu finden. Schon der österreichische Physiker Erwin
Schrödinger (1887–1961; Nobelpreis 1933), der Erfinder der Wellenmechanik, hat
das lächerlich gefunden – und Dürr übrigens auch, wenn er in seinem Vortrag
davon spricht, daß alles „Verwobenheit“ sei und nichts mehr Materie (a. a. O.).
Dennoch erfindet Dürr im gleichen Atemzug sogenannte „Wirks“, kleinste Artikulationen
der Wirklichkeit, wie er sie nennt, die er – im Unterschied zu den
„Teilchen“ der Mikrophysik – auch „Passierchen“ nennt …H. P. Dürr
im O. T. seines Vortrags dazu: „Meine Damen und Herren. Sie werden sagen: Der
Kerl spinnt …“ Aber es gibt noch Sonderbareres unter (um
Alternativen ringenden) Physikern: Richard Dawkins (geb. 1941) hat die „Meme“
erfunden, die „Quanten der Ideen“ (!), Edward O. Wilson (geb. 1929) die
(sinnverwandten) „Kulturgene“. Der Wiener Philosoph Hans Dieter Klein (geb.
1940) hält Planeten und Fixsterne für „Individuen“, ja sogar „Individualitäten“
(!), Gerhard Schwarz (geb. 1938) macht sich Gedanken darüber, ob sich nicht
ohnedies alle Körper berühren (!), da sonst Gravitation nicht wirken könne, und
H. Pietschmann – wir haben es schon erwähnt – läßt alle Dinge miteinander
„kommunizieren“ und realisiert (!) das Nicht-Sein als Unterschied zum Sein …
Und dies alles im Jahr der Gründung der österreichischen Elite-Universität in
Klosterneuburg-Gugging nahe Wien …
Mit
seinen „Wirks“ überwindet Dürr zwar die klassische Physik mit ihrer Aussparung
des Bewußtseins aus ihrem Forschungsgegenstand, aber der fast manischen
Quantelung – jetzt eben sogar unserer Wirklichkeit – entkommt er nicht … Dürr quantelt – als
Teilchenphysiker kann er ja fast nicht anders! – plötzlich nicht mehr nur die
Materie und die Energie, sondern unsere (nicht naturwissenschaftliche!)
Wirklichkeit und damit auch unser Bewußtsein … Man muß das aber nicht unbedingt
ernstnehmen, denn nicht das Bewußtsein ist gequantelt, sondern es vermag nur über Quantelung die Welt zu
verstehen. Und verstehen heißt, Diskontinuierliches unserer Erfahrung gemäß zu
ordnen – daher können wir auch das Kontinuum nicht „verstehen“ und es uns schon
gar nicht vorstellen …
[123] Die Subjekt-Objekt-Trennung ist Voraussetzung
für jede Erkenntnis – und für jede Erinnerung …
[124] Eigentlich schreibt Dürr diese „Fähigkeit“ ja
sogar dem „Nichts“ zu. Siehe oben in seinem Zitat …
[125] Wer darin einen Parallele zu jenen
Christen sieht, die meinen, Gott habe die Welt geschaffen, um ein Du zu haben
(inklusive Liebe, die Er ja in deren Glauben ist), sei willkommen … es ist eben
die dualistische Variante!
[126] Konfessionell Gläubige nennen
diese Seite der Gleichung „Gott“ – aber es ist für sie keine Gleichung.
[127] Solipsisten sehen nur diese Seite der
Gleichung; daher ist auch diese Sicht „einäugig“ oder schlichtweg – falsch.
[128] Der konfessionell Gläubige re-konstruiert im
Sinne Sigmund Freuds sein psychologisch bedingtes Abhängigkeitsproblem (als
einzig Unveränderlicher – Ich – in einer Welt des Veränderlichen – des
Fichteschen Nicht-Ichs!) in Form eines wie auch immer gearteten Gottesbildes:
als Vielfalt der Religionen.
[129] in der Philosophie der Streit zwischen Idealismus
und Materialismus.
[130]
Damit sind allerdings
sowohl Vorstellung als auch gewohntes rationales Denken überfordert – was nur
für die Wahrheit der Lösung spricht, da „absolute Wahrheit“ bekanntlich
unerkennbar ist und wir uns im täglichen Leben (und auch in den Wissenschaften)
nur mit sogenannten Teilwahrheiten herumschlagen, die wir wohl für wahr halten,
was sie aber – natürlich! – nicht sind.
[131] Wir neigen dazu, dieses Stadium als „tierisch“
zu bezeichnen.
[132] Wir neigen dazu, nur den Menschen als dazu befähigt
anzuerkennen. Das dürfte sehr engstirnig sein …