Zölibat macht krank! Bestellen? Zurück Home

Allein gegen den Vatikan, Seite 151-153
         

In der Woche vor Weihnachten schickte ich Kardinal Höffner zum 24.Dezember, der zugleich sein Geburtstag war, einen rückhaltlos vertrauensvollen und wie ich meinte, auch liebevollen, handgeschriebenen Brief, in dem ich etwa sagte: Da doch er, der Herr Kardinal, und auch ich mit ganzer Seele und allem guten Willen dem selben Herrn, Christus, dienen wollten, müsse es doch möglich sein, daß wir in ihm zusammenfänden und daß die Erkenntnisse, die sich mir aufgedrängt hätten und die, wie ich fest glaubte, von Gott ausgingen, von der Kirchenführung beachtet würden. Ich hätte alles versucht, um aus dem leidvollen Dilemma der Spannung zwischen Priestertum und Ehe nach der einen oder anderen Seite herauszukommen, und hätte auch die schwersten Opfer dafür nicht gescheut. Aufgrund meiner negativen Erfahrungen, der Depressionen, und der positiven, der Heilung durch die Liebe einer Frau, sei ich aber sicher geworden, daß für mich und viele andere die Lösung in der Verbindung von Priestertum und Ehe läge, und ich bat ihn deshalb, aufgrund meiner theoretischen Arbeiten über das Recht der Apostel, Ehefrauen mitzuführen, sich für eine allgemeine Lösung in dieser Richtung einzusetzen.

Nach Weihnachten nahm ich an einem Treffen der Priestergemeinschaft Jesus Caritas aus der geistlichen Familie Charles de Foucaulds teil, das jedes Jahr um diese Zeit in Leutesdorf am Rhein stattfindet. Bei diesem Treffen faßte ich einen wichtigen Entschluß für mein weiteres Vorgehen. Mein Auftrag war seit 1960, für die Priesterehe zu kämpfen; und zur Erfüllung dieses Auftrags gehörte offenbar auch die Zivilehe. Erst mit dem Akt einer Eheschließung auf dem Standesamt war ich in der Lage, mich „vor dem Sauerteig der Pharisäer, das heißt, vor der Heuchelei, zu hüten“ (vgl. Lk 12,1). Nur dadurch, daß ich mich auch in der Öffentlichkeit zu meiner Ehe bekannte, würde ich aus der unbeabsichtigten Verborgenheit, in der bisher meine Notehe gelebt worden war, heraustreten und jede Form von Heuchelei beenden. Für diesen wichtigen Schritt schien mir der 2.Februar, ein Herren- und Marienfest und zugleich der zwanzigste Jahrestag meiner Priesterweihe, das geeignete Datum zu sein.

Nach Hause zurückgekehrt, fand ich einen Antwortbrief des Kardinals vor, in welchem er schrieb: „Lieber Mitbruder! Für Ihren Weihnachtsbrief, den ich mit Ergriffenheit gelesen habe, danke ich Ihnen vielmals. Es tut mir leid, daß Sie sich von Ihrem Thema nicht zu lösen vermögen.“

Dann wiederholte er die bekannte Stellungnahme der Hierarchie, daß niemand ein Recht auf die Priesterweihe habe, und fügte wieder den Satz der Deutschen Bischofskonferenz von 1970 hinzu: „Die Tatsache, daß die Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen ein Gnadengeschenk Gottes ist, verbietet es nicht, sie zu einem Auswahlprinzip für den priesterlichen Dienst zu machen.“

Diesen Satz hatte mir der Kardinal schon im Mai 1977 geschrieben und ich hatte ihn im „Pflichtzölibat“ bereits mit biblischen Argumenten widerlegt. Mein enttäuschtes Vertrauen reagierte verletzt.

Ich setzte mich an den Schreibtisch und schrieb dem Herrn Kardinal einen Brief. Ich machte ihn darauf aufmerksam,

daß er auf die eigentliche Frage wiederum nicht eingegangen sei, daß nämlich die bereits zugelassenen und geweihten

Priester als Nachfolger der Apostel auch nach der Weihe

noch ein „Recht, Ehefrauen mitzuführen“ haben, das ihnen von Paulus zugesprochen worden sei. Das Generalvikariat habe auf meine seit Monaten vorgetragene Bitte, es möge doch die 1974 geschlossene kirchliche Notehe auf ihre Gültigkeit prüfen, mit Schweigen reagiert. Aus diesem Schweigen entnähme ich Zustimmung, gemäß dem alten Grundsatz: „Qui tacet, consentire videtur“ – „Wer schweigt, scheint zuzustimmen.“

Ich kündigte an, ich würde nunmehr endgültig der kirchlichen Eheschließung die zivile Trauung folgen lassen, und fügte hinzu: „Wenn das Generalvikariat nicht vorher Stellung dazu nimmt, sondern erst hinterher mit Sanktionen antwortet, werde ich es vor Gott und den Menschen wegen Heimtücke verklagen.“ Das war scharf. Ich meinte damit: Wenn ich so fair bin, meine Handlungen vorher anzukündigen, könne ich wohl mit ebensoviel Fairness rechnen.

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